Politische Verwaltung [1] (von Dieter Risse)

Die Soester Börde ist etwa kreisförmig um die Stadt Soest gelagert. Sie hat eine Bodenfläche von rund 235 km² und wird eingeteilt in die Oberbörde, welche die Ortschaften am Hellweg und südlich desselben umfasst, und die Niederbörde mit den nördlich davon liegenden Dörfern.

Als die Stadt größere Macht erlangte, setzte sie sich in den Besitz des umliegenden Landes. So erwarb Soest 1328 die Freigrafschaft Rüdenberg und kaufte 1369 die Freigrafschaft Heppen. 1594 wird der städtische Besitz durch den Ankauf der Freigrafschaft Epsingsen mit dem einzigen Kirchspiel Meiningsen abgerundet. Das Bördekataster von 1685 [2] weist für die Niederbörde 28 und für die Oberbörde 20 Ortschaften aus.

In seinen Bördedörfern hatte Soest bis zur Franzosenzeit die unumschränkte Herrschaft in Kirchen-, Schul-, Kommunal- und Steuerangelegenheiten. Auch duldete die Stadt nicht, dass sich in der Börde Handwerker oder Kaufleute ansiedelten und ihren eigenen Gewerbetreibenden den Verdienst schmälerten.

Nach der Reformation wurden Stadt und Börde vorwiegend evangelisch. Durch den Klevischen Erbfolgestreit kamen sie 1666 endgültig zu Brandenburg und damit später zu Preußen. Die Stadt ließ sich die Hoheit über die Börde von den verschiedenen Landesherren immer wieder verbriefen, zuletzt noch von Brandenburg und Preußen. Das dauerte bis 1752, als Friedrich der Große die Verwaltung der Stadt untersuchte, und die über 500 Jahre gültig gewesene Verfassung außer Kraft setzte. Das bedeutete auch das Ende der Herrschaft der Stadt über die Börde. Zwar bestand noch immer ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis, aber mehr im Auftrag des Staates, im Namen des Königs.

Mit der Besetzung von Stadt und Börde durch die französischen Truppen im unglücklichen Krieg gegen Napoleon 1806/07 änderten sich die politischen und verwaltungsmäßigen Gegebenheiten vollständig. Unser Gebiet kam zum Herzogtum Berg. Es bildete im Ruhrdepartement Dortmund den Kanton Soest, der die vier gleichberechtigten Mairien [französischer Begriff für einen Ort mit einem Maire (= Bürgermeister)] Soest, Borgeln, Schwefe und Lohne umfasste. Damit wurde die Börde verwaltungsrechtlich völlig von der Stadt getrennt, geschehen durch kaiserliches Dekret vom 15. August 1809. Das ist die Geburtsstunde der Bördeämter, die somit ihre Einrichtung Napoleon verdanken.

Doch lange sollte die Zeit der Fremdherrschaft nicht dauern. Nachdem Napoleons Macht auf den Gefilden Russlands zusammengebrochen war, rückten am 3. November 1813 die ersten Kosaken in Soest ein, denen bald Abteilungen der Preußischen Armee folgten.

Damit änderte sich noch einmal alles. Westfalen wurde preußisch. Die einmal geschaffenen Verwaltungseinheiten aber blieben. Aus den Mairien wurden Bürgermeistereien, für die Börde also Borgeln, Schwefe und Lohne. An der Spitze blieb für das Amt Schwefe Bürgermeister Arnold Smiths (1809-1837), der ehrenamtlich arbeitete, jedoch zur Bestreitung der Bürokosten und für Miete Entschädigung erhielt.

Bestimmend für das Schicksal der Bürgermeistereien oder Ämter, wie sie später genannt wurden, waren die Bürgermeister. Nach der Einführung der Landgemeindeordnung 1856 führten die Bürgermeister den Titel "Ehrenamtmann". Diesen Posten bekleidete meist der größte Gutsbesitzer oder eine sonst angesehene königstreue Persönlichkeit. Der Sitz des Amtes befand sich in der Wohnung des Bürgermeisters. Dadurch erklären sich die wiederholten Änderungen des Amtssitzes.

Albert Smiths, der Sohn Arnolds, stand dem Amt Schwefe als Ehrenamtmann von 1844-1854 vor. Nach dem Tode des Auktionators Dietrich Dreyer (Amtmann von 1854-1873) tritt der dritte Smiths, Wilhelm, an seine Stelle. Von Schwefe aus übte er sein Amt 49 Jahre lang bis 1922 aus. Es wird im Amtsbezirk noch heute mit Verehrung von Ehrenamtmann Smiths gesprochen.

Nach Smiths Rücktritt wurde der Bauer Heinrich Pier, Meyerich, Ehrenamtmann. Mit ihm endet die Reihe der Ehrenamtmänner. Die Verwaltung war so umfangreich geworden, dass sie in Personalunion mit dem Amt Borgeln 1925 von dem Amtmann und späteren Amtsbürgermeister Adolf Tacke geleitet wurde. Damals siedelte das Amt nach Soest in das Hotel Overweg über, später war es im Landbundhaus am Kungelmarkt und schließlich im Haus Suberg, Marktstraße 8.

Am 1. Oktober 1930 erfolgte der endgültige Zusammenschluss zum Amt Borgeln-Schwefe. Bürgermeister blieb Adolf Tacke. Damals hatten beide Ämter 10226 Einwohner. Der Amtssitz hat später noch wiederholt gewechselt. Von der Marktstraße zog man zunächst in die "Ressource" und in die Räume des Amtes Hovestadt in Oestinghausen. Am 1. Mai 1951 konnte das Amt endlich in das dafür angekaufte Haus am Hammer Weg ziehen, das danach mehrfach vergrößert werden musste.

Nachfolger Adolf Tackes wurde 1946, nach der Trennung der Legislative (gesetzgebende Gewalt) von der Exekutive (ausführende Gewalt), nun als Amtsdirektor, Wilhelm Oestreich. Dieser weitsichtige Hauptgemeindebeamte starb leider schon 1956. Nach ihm wurde Friedrich Redmer Amtsdirektor des mit 33 Gemeinden größten Amtes Nordrhein-Westfalens. Amtsbürgermeister, also Vertreter der Legislative, waren nach 1945 nacheinander Oberstudiendirektor a. D. Dr. Eichler, Dr. med. Dietrich Hahne, Schwefe (1946-1952) und der Bauer Wilhelm Jasper, ebenfalls aus Schwefe. Seit 1964 wurde das Doppelamt durch den Hauptlehrer a. D. Dietrich Düllmann, Borgeln, repräsentiert.

Amtswappen Borgeln-Schwefe

Amtswappen Borgeln-Schwefe

Nach 160 Jahren verlangte eine neue Zeit wieder einmal eine Änderung der Verwaltungsstruktur. Sie sollte dem Landbewohner kulturell und zivilisatorisch die gleichen Lebensbedingungen wie dem Städter bringen und die finanziellen Grundlagen schaffen für die notwendigen Versorgungsmaßnahmen.

Beim ersten Schritt der Neugliederung aller Kommunen in NRW zum 1. Juli 1969 entstanden aus 104 Kleingemeinden im Altkreis Soest 8 Großgemeinden. Das Amt Borgeln-Schwefe gab die Gemeinde Brockhausen an die neue Großgemeinde Lippetal, Weslarn an Bad Sassendorf ab. 19 Gemeinden des ehemaligen Amtes Borgeln-Schwefe (Balksen, Berwicke, Blumroth, Borgeln, Dinker, Dorfwelver, Ehningsen, Eilmsen, Einecke, Eineckerholsen, Flerke, Klotingen, Merklingsen, Nateln, Recklingsen, Schwefe, Stocklarn, Vellinghausen, Kirch- Welver) gingen in der Großgemeinde Welver auf. Die restlichen 12 Gemeinden des Amtes, nämlich Ampen, Enkesen, Epsingsen, Hattrop, Hattropholsen, Katrop, Meckingsen, Meiningsen, Ostönnen, Paradiese, Röllingsen und Thöningsen wurden zusammen mit 6 Gemeinden des Amtes Lohne (Bergede, Deiringsen, Hiddingsen, Lendringsen, Müllingsen, Ruploh) in die Stadt Soest eingegliedert. Das bescherte dieser 4 841 zusätzliche Einwohner, sie erreichte dadurch die Zahl von 40 320 Bürgern. In den 18 neuen Ortsteilen wurden Gemeinderäte und aus deren Reihen jeweils der Ortsvorsteher gewählt.

Das Zusammenfügen von Gemeinden, die Auflösung und Eingemeindungen führten zur Beendigung der Arbeit vieler Gemeinderäte, einige hundert Kommunalpolitiker gaben das Heft aus der Hand. Es fiel nicht allen leicht, einen Schlussstrich zu ziehen. "Ein Hauch von Bitterkeit" [3] durchzog viele der letzten Ratssitzungen. Nach über 30 Jahren muss man jedoch zugeben, dass durch die Neugliederung viele Schranken und Hindernisse beseitigt wurden, die einer fortschrittlichen, effektiven Verwaltung im Wege standen.

Zum 1. Jan. 1975 trat mit der Kreisreform der 2. Schritt der kommunalen Neugliederung in Kraft. Aus den Altkreisen Soest und Lippstadt entstand der heutige Kreis Soest.

Quellen

  1. Klaus Hilse: Von Ampen bis Weslarn. Aus der Geschichte des Amtes Borgeln-Schwefe. In: Heimatkalender des Kreises Soest 1968, S. 44-50.
    Hubertus Schwartz: Kurze Geschichte der ehemals freien Hansestadt Soest, Soest 1949.
    Adolf Clarenbach: Die Landschaft um Soest, Hellweg, Soestgau, Soester Börde. In: Soest, Heimatbuch und Führer durch Stadt und Börde, Soest 1936, S. 12-24.
    Horst Conrad: Kommunalverfassung und kommunale Archive im Kreis Soest. In: Heimatkalender des Kreises Soest 1980, S. 40-48.
    Alles in: Dela Risse: Meiningsen im Wandel der Zeit. Meiningsen 2001. Siehe Literaturverzeichnis.

  2. Marga Koske geb. Grund, Das Bördekataster von 1685, Soest 1960. Siehe Literaturverzeichnis.

  3. Soester Anzeiger vom 28. Juni 1969.

Siehe auch