Brot backen in Meiningsen [1]

Backs Risse11.05.2000
Backhaus aus dem 19. Jahrhundert auf dem Rienhof - Risse.

Noch heute finden wir in den Dörfern unserer Börde, so auch in Meiningsen, alte nicht mehr zum Brot backen genutzte Backhäuser.

Sie wurden wegen der Feuergefährlichkeit meistens in einiger Entfernung von anderen Gebäuden errichtet. Seltener benutzte man Backöfen außerhalb der Backhäuser, die unter freiem Himmel nur mit einem Schutzdach versehen waren.

Meistens bestand ein sogenanntes "Backs" aus nur einem Raum, evtl. mit einem Nebenraum, in dem die Sprickelholzbunde zum Anheizen, die "Bäckerbünne", aufbewahrt wurden. Das eigentliche Backholz, die "Spellern", stapelte man außen am Backhaus.

Der Fußboden in diesen Zweckbauten bestand aus gestampftem Lehm, gewachsenem Boden oder gebrannten Steinen, der Backofen war folgendermaßen aufgebaut:

  1. Eine Ofenplatte als rechteckige Unterlage aus mit Lehm verfugten Backsteinen auf einer dicken gestampften Lehmschicht;
  2. Ein kuppelartiger Aufbau aus Ziegeln, mit Lehm verfugt und dick mit Lehm verputzt;
  3. Ein Ofenloch (Miule) mit Ofenblech (Stölpe) oder eiserner Ofentür [2].

Daneben befand sich an manchen Backöfen ein mit eiserner Tür verschließbares Guckloch [3].

Im 17. Jahrhundert fertigte man zum Bau eines Backofens einen Rahmen aus Eichenbalken in entsprechender Größe. Um eine birnenförmige Höhlung zu erstellen, bog man junge Holzstämme, die rechts und links an den Eichenbalken befestigt wurden. Hinten nahm man kürzere Stämmchen, so dass sich die Wölbung nach hinten senkte. Zur weiteren Befestigung wurde nun Reisig hindurchgeflochten und auf das gewölbte Geflecht ca. 25 cm Lehmverputz aufgetragen. Nachdem dieser getrocknet war, verbrannte man mit einem schwachen Feuer innen das Holzgerüst und konnte nun auch die Innenseite des Backofens mit Lehm verputzen. Hinten befand sich in der Wölbung oft ein kleines Rauchloch, das mit einem Stein zu verschließen war. Beim Anheizen erreichte man dadurch einen besseren Zug [4].

Das Anheizen des Backofens war eine Arbeit für die Männer, der Zug von der Witterung abhängig. Ein paar Bunde Reisig zündete man im Ofen mit etwas Stroh an und legte nach und nach die Spellern kreuzweise über das Feuer. Die zum Backen des Brotes notwendige Hitze war erreicht, wenn sich die Innenwände des Ofens weiß färbten. Ein Reiserbesen wurde dann in Wasser getaucht, und die Feuerreste ausgekehrt, der Besen dann mit einem nassen Sackleinen umwickelt und die letzte Asche herausgeputzt [5].

Die Hitze im Ofen prüfte man in manchen Gegenden mit einem Laib Brot, in dem einige Ähren steckten. Wenn diese verbrannten, war die Temperatur zu hoch, sie durften nur ganz leicht bräunen [6].

Alle 14 Tage wurde gebacken, nachdem man wenige Tage vorher das Korn zur Mühle gebracht hatte, um es mahlen zu lassen. Mancher erinnert sich vielleicht noch an die weißen Mehlsäcke aus Leinen mit dem Namen des Eigentümers versehen, den man mittels einer Schablone und schwarzer Farbe aufbrachte.

Meistens benutzte man zum Backen von Brot Roggenmehl, erst in späterer Zeit ersetzte man für helleres Brot 1/3 der Menge durch Weizenmehl. Zu den weiteren Zutaten gehörte Sauerteig, oft einige Tage vorher angesetzt, Salz, Hefe und Wasser.

Zum Bereiten des Brotteiges war eine gleichmäßige Wärme notwendig. Am Vorabend wurde der Backtrog deshalb neben den Herd gestellt und die Kinder angehalten, die Türen geschlossen zu halten. Ca. 50 Pfund Mehl benötigte man für den Ansatz in dem Backtrog. Mit Sauerteig und warmem Wasser wurde er gut vermischt, nachdem auch Salz hinzugefügt worden war. Durch ein Leinentuch deckte man den Teig ab, bevor er bis zum frühen Morgen ruhte.

Die Grundlage des Sauerteigs war das sogenannte "Schräpsel". Der Backtrog wurde nach seinem Gebrauch grundsätzlich nicht ausgewaschen, sondern mit einem Schaber ausgekratzt. Mit Milch und Wasser vermengt, ergab dieses Ausgekratzte, in einem Steintopf angeteigt, den Sauerteig, den man auf einem Bord in der Nähe des Herdes aufbewahrte. In manchen Gegenden wurde der Sauerteig auch unter den Nachbarn ausgetauscht, da innerhalb der 14 Tage jeder zu anderer Zeit sein Brot backte.

Am nächsten Morgen sehr früh musste der Brotteig weiterverarbeitet werden. Das war keine leichte Arbeit. Man teilte die Menge in mehrere Rollen auf, die auf dem bemehlten Küchentisch gründlich und lange durchgeknetet wurden. Mit einem scharfen Messer schnitt man den Teig in so viele Teile, wie man Brotlaibe benötigte, knetete nochmals und formte die Brote. Auf bemehlten Backbrettern, 2 m lang und 0,5 m breit, mussten die geformten Teigstücke nochmals aufgehen, bevor man sie mit einem 0,5 cm tiefen Messerschnitt versah und mit warmem Wasser, Öl und manchmal auch Milch bestrich. Das sollte einen besonderen Glanz erzeugen. Nun wurden die Brote einzeln mittels eines Schiebers mit einem 2m langen Stiel bei guter Hitze in den Ofen geschoben (inschoeten). Dicht an dicht mussten sie anschließend ca. 2 Stunden backen. Mit dem Schieber holte man danach die gebräunte Köstlichkeit aus dem Backofen heraus, nachdem man eine Garprobe gemacht hatte. Der besondere Duft zog jetzt durch das ganze Backhaus. Das Brot legte man zum Auskühlen auf die Backbretter, bevor es im Keller oder in der Vorratskammer aufbewahrt wurde.

Die Restwärme des Backofens nutzte man, um Platenkuchen nachzuschieben, oder im Herbst Pflaumen und Äpfel zu dörren [7].

Besonders im Winter krochen nach dem Backen die Kinder manchmal heimlich in den warmen Backofen, um ein Schläfchen zu halten [8].

Backs Risse13.06.2017

Backhaus aus dem 19. Jahrhundert auf dem Hof Risse.

Backs Müller01.08.1999

Backhaus von 1899 auf dem Hof Wilhelm Müller, Springstraße 8.

Backs Müller21.03.2011

Backhaus von 1899 auf dem Hof Wilhelm Müller, Springstraße 8.

Backs Müller21.03.2011

Backhaus von 1899 auf dem Hof Wilhelm Müller, Springstraße 8.

Backs Müller21.03.2011

Ofen im Backhaus auf dem Hof Wilhelm Müller, Springstraße 8.

Backs Schulte/Joest20.03.2011

Altes Backhaus auf dem Hof Schulte / Joest.

Backs Blumendeller16.04.2000

Reste des Backs auf dem Hof Blumendeller.

Backs Blumendeller10.04.2011

Reste des Backs auf dem Hof Blumendeller.

Backs vom Pastorat10.04.2005

Das Backs vom Pastorat.

Backs vom Pastorat23.11.2008

Das Backs vom Pastorat.

Backs vom Hof Brünger26.09.2011

Das Backs vom Hof Brünger.

Backs vom Hof Brünger26.09.2011

Das Backs vom Hof Brünger ist von 1891.

Backs vom Hof Hengstxx.01.2000

Nach Aussagen von Dieter Hengst war dieses Fachwerkhaus auf dem Hengsthof in früheren Zeiten ein Backhaus und Getreidemühle. Mittlerweile ist es ein reines Wohnhaus.

Backs vom Hof Steinmeier16.08.2015

Der restaurierte und funktionsfähige Backofen im Backs vom Hof Steinmeier. Wilhelm Steinmeier: Mit Holz einheizen, Temperatur überwachen und auf 200°C regulieren, Glut entfernen, nass auswischen, Kuchen, Brot oder Pizza hinein, abwarten: mhm superlecker!

Backs vom Hof Steinmeier16.08.2015

Bis 1970 wurde der Backofen regelmäßig von Mutter Steinmeier genutzt.

Backs vom Hof Steinmeier16.08.2015

Zwischenzeitlich diente das Backs als Hühnerstall. Gut das der Ofen erhalten geblieben ist. Wilhelm Steinmeier hat den Ofen mit einer neuen Lehmschicht versehen und den Raum zu einer kleinen feinen Stube umgebaut.

der Ofen wird eingeheizt16.08.2015

Wilhelm Steinmeier: Mit Holz einheizen, Temperatur überwachen und auf 200°C regulieren ...

Pizza aus dem historischen Ofen16.08.2015

 ... Glut entfernen, nass auswischen, Brot, Kuchen oder Pizza hinein, abwarten: mhm superlecker!

Quellen

  1. Dela Risse: Meiningsen im Wandel der Zeit, S. 185ff. Siehe Literaturverzeichnis.
  2. Willi Krift: So kochen wir in Westfalen. Münster 1996, S. 87ff.
  3. Wilhelm Bomann: Bäuerliches Hauswesen und Tagwerk im alten Niedersachsen. Hannover 1992, S. 162.
  4. Ebenda, S. 160.
  5. Ebenda, S. 88.
  6. Ebenda, S. 164.
  7. Willi Krift: So kochen wir in Westfalen. Münster 1996, S. 89.
  8. Wilhelm Bomann: Bäuerliches Hauswesen und Tagwerk im alten Niedersachsen. Hannover 1992, S. 167.