Hausschlachten und Wursten in Meiningsen [1]

Das Schlachten in den Haushaltungen auf dem Land und auch in der Stadt fand in alten Zeiten wegen der günstigen Temperaturen für die Vorratshaltung grundsätzlich im Winter statt, denn Kühl- und Gefriergeräte waren unbekannt. Aus diesem Grund ergab es sich, dass die Hausschlachter oft aus anderen Berufen kamen, die im Winter nicht ausgeübt werden konnten. Besonders die Maurer verdienten sich im Winter durch die Hausschlachtungen ein Zubrot. Als Hausschlachter in Meiningsen sind den Älteren sicher noch Heinrich Buck und Wilhelm Topp bekannt.

Bis in die 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden die Schlachtschweine auf den Dörfern im Hause getötet, später erst auf dem Schlachthof in Soest.

Am Morgen des Schlachttages stand man früh auf. Wenn der Schlachter kam, musste das "Bröggewater" (Brühwasser) bereits kochend bereit stehen. Auch am Vortag hatte man für das "Schlachtfest" viele Vorbereitungen treffen müssen.

Der Hausschlachter war von weitem erkennbar an seiner weißen, dunkel gestreiften, mit zwei Reihen schwarzer Knöpfe besetzten Schlachtjacke, der vor den Füßen auf einer Seite umgeschlagenen weißen Schlächterschürze, dem großen Lederköcher mit verschiedenen Messern und dem "Schrapphörn" (Borstenkratzer) am "Schmachtriemen" (Leibriemen). Vor sich her schob er den "Bröggetroech" (Holztrog zum Abbrühen des Schweins) auf zwei niedrigen Rädern. In diesem Trog befanden sich auch weitere Utensilien: Ein großer, eisenberingter Holzhammer, der "Doern" (Schlachtdorn, Vorläufer des Bolzenschußapparates), ein Hackmesser und die Fleischsäge.

Am rechten Vorder- und Hinterbein gefesselt, wurde das Schwein unter lautem Quieken aus dem Stall geführt. Eine Hilfskraft hielt den Doern auf die Stirnfläche des Schweins, der Schlächter trieb ihn mit einem kräftigen Schlag durch die Stirnplatte, und wie vom Blitz getroffen fiel das Schwein um. Ein Stich mit langem Messer durchtrennte die Hauptschlagader, das herausströmende Blut fing man in einem Gefäß auf. Mit der Hand oder einem Rührgerät musste kräftig gerührt werden, denn das Blut wurde für die Blutwurst ohne Klumpen benötigt. Mit einem Holzpfropfen verschloss der Schlächter danach das Loch.

Nun wälzte man das Schwein in das "Böggefat", begoss es mit heißem Wasser und befreite es mit dem "Schrapphorn" von den Borsten.

Durch freigelegte Sehnen an den Hinterbeinen schob man das Krummholz und mit vereinten Kräften zog man das Schwein, den Kopf nach unten hängend, auf die Leiter. Von oben nach unten aufgeschnitten, nahm man die Innereien heraus, die Därme reinigten die Frauen auf besondere Weise, um sie als Wurstedarm zu benutzen. Die Flomen wurden auf dem Herd in einem Eisentopf ausgelassen und damit zu Schmalz verarbeitet.

Am Nachmittag kam dann der Trichinenbeschauer (Finnenkuiker) mit seinem Mikroskop, um das Fleisch zu untersuchen.

In Meiningsen hat diese Tätigkeit lange Jahre der Zimmermann Fritz Sievert ausgeübt. Es soll vorgekommen sein, dass ihm einmal aus lauter Schabernack ein Würmchen unter das Mikroskop geschmuggelt worden ist.

Gab es nichts zu beanstanden, wurde eine "amtliche Bescheinigung" dadurch ausgestellt, dass man auf die Schinken des Schweins den Stempel "Trichinenfrei" drückte [2]. Am nächsten Tag erfolgte damals die Verarbeitung des Schweins.

Vorbereitung zum Schlachten1940
Vorbereitungen zum Schlachten. (Foto von Familie Seifert)
V.l. Ida Topp, ?, Christine Hagedorn, ?, Wilhelm Topp, ?.

Schlachten 19401940
Schlachten. In der Mitte Ida Topp. (Foto von Familie Seifert)

Dela Risse, eine Landfrau, erinnert sich an das Schlachten und Wursten in den 1950er Jahren [3]

Wir Frauen auf dem Dorf in Westfalen pflegten unsere Wurst selbst herzustellen. Meinen Vater, einen Bauern in Niedersachsen, hat dies Zeit seines Lebens verwundert, denn das traute er Frauen einfach nicht zu.

Solche Wursttage waren meinem Mann ein Graus. Er verzog sich in sein Büro und behauptete, dass man keine Türklinke anfassen könne, ohne dass man fettige Finger bekäme.

Zwei Schweine und ein halbes Rind mussten an großen Schlachttagen verarbeitet werden. Sie wurden im Viehanhänger lebend zum Schlachthof in Soest gefahren. An diesem Ort finden in heutiger Zeit inzwischen kulturelle Veranstaltungen statt. Dort hatten wir einen Metzger Adamsky, der nach der Schlachtung und Auskühlung die Tiere unseren Wünschen entsprechend zerlegte. Mit dem Auto holten wir die Fleischmassen in die häusliche Küche, um sie zu verarbeiten.

Ein Schlachttag musste gut vorbereitet werden. Am Vortag wurden in einem speziellen Laden (Langguth) im Kungelmarkt und später auch im Schlachthof die Zutaten eingekauft. Ich erinnere mich gern des typischen Dufts in diesen Geschäften. Hier kaufte man die für die verschiedenen Wurstarten oft schon fertig gemischten Schlachtgewürze und die Därme, um die Wurstmassen hineinzugeben. Für die Leber- und Blutwurst waren sogenannte Papierdärme sehr gut geeignet. Für die Mettwurst entschied man sich am besten für Seidendarm. Bratwürstchen und Braunschweiger Wurst füllte man in Naturdarm, der angeboten wurde und durch Zugabe von Salz (Pökelsalz?) haltbarer gemacht worden war. Wurstebänder in verschiedenen Farben durften auch nicht fehlen, um die gefüllten Würste später zubinden zu können.

Außer den Einkäufen am Vortag waren etliche andere Arbeiten zu erledigen: eine Menge Zwiebeln musste gepellt, die Dosen für Wurst und Fleisch mussten gereinigt werden, und - ganz wichtig - die Messer und Scheiben des Bauknechtfleischwolfs wurden zum Schärfen gebracht. Alle Zinkwannen und zu der Zeit auch schon Plastikwannen standen bereit.

Zuerst musste dann das Fleisch sortiert werden, erstens für Kochwurst in den Kochkessel mit Holzfeuerung in der Waschküche und zweitens für die Zubereitung von Dauerwurst.

Zum Wursten benötigte man auch die Wurststopfmaschine, die heute verrostet auf dem Hausboden liegt. Damals war sie ein sehr wichtiges Gerät. Wollte man z.B. Bratwürstchen herstellen, formte man zuerst einige Kugeln aus Mett, die Arbeitspartnerin hielt den Behälter des Geräts senkrecht, und eine Mettkugel nach der anderen wurde mit Schwung von oben in den Behälter geknallt. Das war besonders wichtig, damit möglichst wenig Luft dazwischen geriet. Den gefüllten Behälter musste man darauf am Gerät einsetzen, das am Tisch fest angeschraubt war. Durch gleichmäßiges Drehen der Kurbel wurde die Wurstmasse vorn aus der gewählten Tülle herausgedrückt, dabei konnte der zu füllende, auf die Tülle aufgezogene Wurstedarm fest gestopft und dann zugebunden werden.

Die Frauen hatten gelernt, die Wurst nur nach genauem Rezept herzustellen. Dazu wurde das Fleisch in der Wanne auf der Dezimal-Sackwaage, die am Schlachttag ausnahmsweise in der großen Küche stand, genau abgewogen. Natürlich musste die erste grobe Würzung auch vorgenommen werden, indem man die Gewürze nach Rezept abwog. Auf diese Art und Weise war Wursten eigentlich gar nicht so kompliziert.

Wenn die Würste nach getaner Arbeit auf dem Stock in der Räucherkammer hingen, die Dosen mit ihrem Inhalt gekocht worden waren, alle Gefäße wieder sauber und die Geräte weggeräumt waren, ging es daran, zusammen mit der Helferin die Küche zu schrubben. Das war eine Arbeit, die echt Wonne machte. Zuerst heiße Lauge geschüttet, geschrubbt und mit dem Gummizieher in den Gully abgezogen, dann den Vorgang mit klarem, aus dem Eimer geschütteten Wasser wiederholt, mit dem Scheuertuch nachgearbeitet und fertig. Natürlich durfte man auch das Reinigen der Türklinken nicht versäumen, damit sich D. wieder aus seinem Versteck hervorwagen konnte.

Nach dieser Arbeit war es meist schon nach Mitternacht, und man fiel förmlich vor Müdigkeit ins Bett. Am nächsten Tag gab es noch reichlich Arbeit, die mit dem Wursten am Vortag zusammenhing.

Später, nachdem eine bestimmte Wartezeit eingehalten worden war, hängte man die Würste auf den Stangen in den Räucherschrank. Er hatte einen Boden aus offenem Drahtgeflecht, unter dem eine Schublade angebracht war. Mit Sägemehl, besonders geeignet sollte Buchensägemehl sein, musste sie gefüllt werden. Im Küchenherd war ein Eisenbolzen glühend erhitzt und auf der Metallschüppe zur Räucherkammer gebracht worden. Der metallene Räucherschrank mit den Würsten wurde dicht verschlossen, der Bolzen in das Sägemehl gelegt und die Schublade geschlossen. Ein besonderer Duft zog durchs Haus und die geräucherte Wurst bekam den erwünschten Rauchgeschmack.

Was wiegt das Schlachtschwein? [4]

Beim "Wiegen ohne Waage" wurde mit einem Maßband hinter den Vorderfüßen des Schlachtschweines zunächst der Bauchumfang des Schweines gemessen und dann mit Hilfe folgender Zahlen das Gewicht errechnet:

100 cm = 150 Pfund
jeder weitere cm = 5 Pfund.

Beispiel:
Bauchumfang = 128 cm

Gewicht des Schweines: 100 cm = 150 Pfund
28 cm (mal 5) = 140 Pfund
______________________
= 290 Pfund

Alternative:
Ein Vorderfuß wurde nach dem Schlachten gewogen und das Gewicht mit 100 multipliziert.

Beispiel:
Gewicht des Vorderfußes = 2 3/4 Pfund.
Gewicht des Schweines: = 2 3/4 Pfund mal 100
_______________________________________
= 275 Pfund

Im Sommer 1959 gründete man in Meiningsen eine Gefriergenossenschaft. Durch diese Maßnahme wurde die Vorratshaltung beim Wursten und Gemüsekonservieren in den ländlichen Haushalten sehr erleichtert.

Auf einem Grundstück neben dem Kriegerdenkmal sollte das sogenannte Gefrierhaus erbaut werden. Früher war der Bauplatz im Besitz der Familie Böhmer gewesen. Danach gehörte er Familie Blumendeller, die ihn an die Gefriergenossenschaft gegen eine Anerkennungsgebühr abgab. Es wurden für die einzelnen Haushalte der Genossenschaftsmitglieder Tiefkühlfächer eingebaut, zu der Zeit eine sehr fortschrittliche Entscheidung.

Während der Baumaßnahme verpflegte man die Bauarbeiter auf dem Hof Böhmer. Die Familie Böhmer hatte auch die Pflicht übernommen, das Gefrierhaus jeden Abend abzuschließen. Ein Putzplan wurde aufgestellt, und wenn die Truhen abgetaut werden mussten (Fa. Stahl), kamen die Genossenschaftsmitglieder ins Gefrierhaus, um ihr Fach zu räumen.

Vorsitzende waren nacheinander Karl Böhmer, Wilhelm Henser und Ida Hengst.

Als in späterer Zeit in den Haushaltungen mehr und mehr eigene Truhen angeschafft wurden, stiegen anfangs einige Mitglieder aus der Genossenschaft aus, später wurde diese aufgelöst.

Heute hat sich in dem ehemaligen Gefrierhaus das Bläsercorps ein gemütliches Domizil eingerichtet. Es pachtete 1987 von Ernst-Heinrich Blumendeller das Gebäude.

das ehemalige Gefrierhaus direkt neben der Kirche17.06.1999
Ehemaliges Gefrierhaus, erbaut 1959, seit 1987 vom Jagdhornbläsercorps gepachtet.

Quellen

  1. Dela Risse: Meiningsen im Wandel der Zeit. Meiningsen 2001, S. 188ff. Siehe Literaturverzeichnis.
  2. Willi Krift: So kochen wir in Westfalen. Münster 1996, S. 96ff.
  3. Dela Risse: Meiningsen im Wandel der Zeit. Meiningsen 2001, S. 190ff. Siehe Literaturverzeichnis.
  4. Quelle der Berechnung: Willi Krift: So kochten wir in Westfalen. Münster 1996, Seite 95.