Erschienen in: Soester Zeitschrift, Heft 54 und 55, Soest 1938
Im Jahre 1918 veröffentlichte ich in der "Zeitschrift des Vereins für die Geschichte von Soest und der Börde" (Heft 34) Nachrichten über die älteste Erwähnung des Pfarrdorfes Meiningsen (früher Meininghausen) bei Soest und des Gutes Meininghausen im Kirchspiel Voerde i. W., die beide der Berichtigung bedürfen.
Den westfälischen Forschern folgend, hatte ich die ä1teste Erwähnung Meiningsens in das Jahr 1177 gesetzt. Dieses Jahr ging auf eine Soester Urkunde zurück, nach der ein Freier (liber homo) Hezelinus dem Patroklistift zu Soest in Merinchusen gelegene Äcker verkaufte [1]. Kindlinger [2] hielt die Schreibung Merinchusen für einen Schreibfehler statt Meninchusen und setzte das Merinchusen der Urkunde von 1177 wegen der benachbarten Lage Meiningsens (Meninchusen, Meyninchusen) und Soests mit dem Soester Meiningsen gleich. Ihm haben sich nacheinander Lindner (Die Veme, S. 374), Vogeler (Ludorff, Bau- und Kunstdenkmäler Westfalens, Kr. Soest, S. 41), Nübel (Dortm. Beitr. X, S. 129), Ilgen (Westf. Urk.-Buch VII 474) und noch 1928 Friedrich von Klocke (Soester Studien I, S. 38) angeschlossen. Nur Seibertz ("Die Freigrafschaft Soest") [3] bezog, von ihnen abweichend – wenn auch ebenfalls unzutreffend –, das Merinchusen von 1177 "aus topographischen und sprachlichen Gründen" auf Meyerich bei Welver.
Die Lösung des Rätsels hat erst Luise von Winterfeld gefunden, der es i. J. 1932 gelang, die von dem Freien Hezelin verkauften Äcker in Merinchusen richtig zu lokalisieren [4].
Sie erkannte, daß nach der, auf die Urkunde von 1177 zurückgehenden Patrokli-Urkunde von 1238 [5], die gleich jener die Schreibung Merinchusen hat, dieses Merinchusen nur in einem der Kirchspiele Altengeseke, Mülheim a. d. Möhne oder Rüthen gelegen haben kann, da (1.) in der Urkunde von 1238 nicht nur (wie 1177) Zeugen aus dem Geschlecht von Mellrich auftreten, sondern auch die Pfarrer der vorgenannten drei Kirchspiele als Zeugen erscheinen, und da (2.) ferner nach dem Heberegister von St. Patrokli das Stift im 14. Jhdt. verschiedene Einkünfte in Brilenchusen und in Merinchusen, u. a. einen Zins aus dem Sudergut, besaß, den ihm der Konvent zu Mülheim zahlte, so daß "Brilinchusen und Merinchusen so dicht bei einander gelegen haben müssen, daß die Äcker des Sudergutes zu beiden Ortschaften gehörten,"[6] und man sie nach dem einen oder anderen der beiden benachbarten Orte benennen konnte. "Das heute nicht mehr bekannte Merinchusen muß also wie das ebenfalls verschwundene Brilinchusen in der Nähe von Altenmellrich (Kr. Lippstadt) gelegen haben." Dies wird nach Luise von Winterfeld durch die Tatsachen erhärtet, daß hier der Konvent zu Mülheim Ländereien besaß, und daß die Brilinchuser Urkunde des Freien Hezelin von 1177 vom gleichen Tage [7], in der es nach Lindners Ansicht Meninchusen statt Brilinchusen heißen muß [8], bis 1912 im Pfarrarchiv Mellrich lag, und daß sich einige 1177 zu Brilinchusen gehörige Höfe hier noch heute nachweisen lassen.
Damit scheiden die Jahre 1177 und 1238 für das Soester Meiningsen aus.
Gleichwohl wird jedoch das Soester Meninchusen schon damals bestanden haben, da das mit ihm zusammenhängende Geschlecht von Meininghausen schon 1175 mit einem Elberecht de Menechusen in einer Urkunde des Grafen Heinrich von Arnsberg [9] vorkommt. Das älteste urkundliche Datum für Meiningsen selbst liegt freilich fast ein volles Jahrhundert später, als wir 1918 annahmen, nämlich 1276 [10].
[... gekürzt, da keine weiteren Aussagen zu Meiningsen ...]
Jedenfalls steht das Vörder Meininghausen mit seinem "Freien" Erwin dem Soester Meininghausen (Meiningsen) an ehrwürdigem Alter nicht nach. Ob in uralter Zeit zwischen den beiden Siedlungen ein sippenmäßiger Zusammenhang bestanden, wagen wir nicht einmal als Vermutung auszusprechen, zumal es auch schon früh in der ehemaligen "Grafschaft Dortmund" bei Brechten ein "Meynchusen" (=Meininghausen) gegeben hat, das freilich urkundlich nicht vor 1360 bezeugt ist [11].