Milchfahren in drei Generationen [1] [2]

Gar nicht einfach war es 1901 für die Bauern aus Meiningsen und Meiningserbauer einen Milchfahrer zu finden, der die Milchkannen zur Molkerei am Bahnhof Soest fuhr. Man war sogar bereit (Blumendeller, Henser/Crismann und Risse), Heinrich Overhoff Hafer für seine Pferde zu spenden und für ihre Unterkunft zu sorgen. Heinrich Overhoff nahm die Aufgabe als Milchfahrer an. Tag für Tag lieferte er die Milch in den Jahren von 1901-1911 nach Soest.

Nach 1911 wurde die Milch bei Wind und Wetter in zweiter Generation mit zwei Pferden und anfangs eisenbereiftem Wagen von seinem Sohn Heinrich nach Soest gefahren. Als dieser jedoch 1914/18 als Soldat eingezogen wurde, übernahm für diese Zeit wieder der Vater die Aufgabe.

ca. 1940
Milchfahrer Heinrich Overhoff (Sohn, 1893-1968) auf der Meiningserbauer (Foto von Marie Müller)

Im 2. Weltkrieg war der Transport der Milchkannen oft mit großen Gefahren verbunden, besonders als Soest bombardiert wurde, und die Milch nach Ostönnen zur Molkerei geliefert werden mußte. Vor den Bombenangriffen auf dem Ostönner Bahnhof musste sich Milchfahrer Overhoff oft mit seinem Pferdefuhrwerk in Sicherheit bringen. Um nicht gesehen zu werden, wurden die Pferde unter der überdachten Veranda der Gastwirtschaft Topp untergestellt. Besonders betrübte den Milchfahrer, dass er sein bestes Pferd im Krieg abgeben mußte.

Eine schwere Zeit begann für die Milchfahrer im Winter, denn der Fahrer wurde nur durch eine Blechhütte über dem Kutschbock vor Kälte und Schnee geschützt. Oft waren die Wege verschneit oder vereist, so dass die Pferde, besonders im Meiningser Tal, kaum Halt fanden, obwohl sie mit speziellen Winterstollen beschlagen waren. Ihren Weg im Dorf von Milchbock zu Milchbock kannten die Pferde so genau, dass der Milchfahrer ohne Sorge auch manchmal untätig neben dem Fuhrwerk gehen konnte.

Heinrich Overhoff fuhr die Milch von 1911-1951. Nach 40 Jahren Milchfahren setzte er sich dann zur Ruhe.

Nachdem die Tochter Marie Overhoff den Bauernsohn Walter Müller aus Meiningsen geheiratet hatte, übernahm der Schwiegersohn in dritter Generation das Milchfahren.

Von 1951-52 fuhr man die Milch noch mit dem Pferdefuhrwerk, dann wurde ein Trecker gekauft und damit die Fahrtzeit auf die Hälfte verkürzt.

Die alte Molkerei am Bahnhof schloss man 1963/64 und eine neue entstand an der B1. Bis 1971 hat Walter Müller noch die Milch dort hingebracht, 20 Jahre lang. Die Arbeit begann jeden Tag, auch sonntags, um 5 Uhr morgens.

Butter, Milch, Käse und Magermilch mussten zusätzlich vom Milchfahrer für die Bauern auf dem Rückweg von der Molkerei mitgebracht werden.

Viele Jahre wurden auch Milch und Kakao für die Grundschule in Meiningsen angeliefert. Öfters fragte man den Milchfahrer auf den Höfen, ob er wisse, an welchem Tag der Kontrolleur der Molkerei den Sahnegehalt der Milch messen würde. Da haben dann einige Bauersfrauen vorher Sahne für den eigenen Verbrauch abgeschöpft und oft sogar die Schöpflöffel versehentlich in der Kanne vergessen und mit zur Molkerei geliefert.

Da es in Meiningsen und Meiningserbauer im Laufe der Zeit immer weniger Milchbauern gab, ersetzte man den Transport der Milch mit dem Pferdefuhrwerk durch Tankwagen.

Dies war das Ende 70 Jahre Milchfahrens durch die Familie Overhoff/Müller von der Meiningserbauer.

1951
Kühe auf der Weide in Meiningsen. (Foto von Dieter Risse)

Quellen

  1. Risse, Dela: Meiningsen: Gestern und heute. Siehe Literaturverzeichnis.
  2. Bericht von Annegret Lüke, geb. Müller.