14.11.2017
Am Zuckerberg, Günne (Ortsteil der Gemeinde Möhnesee im Kreis Soest)
25.12.2017
Wolfgang Rausch, von 1945 - 1956 Pfarrer in Meiningsen erinnert sich: [1]
Mit dem Einströmen der Flüchtlinge wuchs der Anteil der Evangelischen in den Möhnedörfern Günne, Delecke, Westrich, Theiningsen erheblich. Es wohnten dort etwa 400 Gemeindeglieder, von denen ein Teil allerdings wieder Arbeit u. Brot u. Wohnung in den grossen Städten fand. Da gerade dieser Gemeindeteil in geistlicher Beziehung sehr rege war, entstand bald der Wunsch nach einem eigenen Raum, an dem sie sich sammeln konnte. Zunächst war angesichts der allg. Notlage kein Gedanke an eine Verwirklichung. 1948 wurden Verhandlungen über den Ankauf einer alten Militärbaracke geführt, die sich aber an dem hohen Preis sowie am Fehlen eines Bauplatzes zerschlugen. Dann erklärte sich nach längeren Verhandlungen, nicht zuletzt durch freundliche Befürwortung durch Herrn Oberförster Wilkening, der Ruhrtalsperrenverband [2] bereit, uns einen Bauplatz zu schenken. Finanzielle Hilfe wurde uns durch den Diasporafonds der Landeskirche, durch die Kreissysnode Soest, den Kreis Soest, das Amt Körbecke, die Gemeinde Günne, den Gustav-Adolfverein und durch Spenden der Gemeindeglieder zuteil. Herr Bröckelmann, Neheim, spendete die Glocke. Die Sicherung der Finanzen, die vorbereitenden Arbeiten, die Durchführung des Baues erforderten unendlich viel Arbeit, Konferenzen, Reisen, Schreiben, Telefongespräche. Dabei standen mir die Vikare kräftig bei, die ihr praktisches Jahr in der Gemeinde Meiningsen absolvierten. Der Entwurf stammt von dem Architekten Kölsche [3], der am Kirchenbauamt Hagen arbeitete. Er wurde dann auf Wunsch des R.T.V. [2] noch ein wenig modifiziert. (Apsis)
Die Arbeiten begannen im Frühjahr 1953. Am 8.9.53 wurde mit den Handwerkern das Richtfest gefeiert. Dagegen konnte die Einweihung erst 1/2 Jahr später, am Sonntag Oculi, den 21.3.54 , stattfinden. Im Auftrage des Landeskirchenamtes nahm Herr Superintendent Dahlkötter die Weihe vor mit Gebet u. Ansprache über das Evangelium. Meiner Ansprache legte ich 1. Petr. 2 v 5 zugrunde: "Und auch ihr als die lebendigen Steine bauet euch zum geistlichen Hause ...". Bei der Gemeindesammlung wurde uns noch manch freundlicher Glückwunsch mündlich u. schriftlich übermittelt. (Mochte) "der auferstandene, der dort verkündigt wird, vielen zum geistlichen Auferstehen gesetzt werden" (P. Burckhardt, Soest)
Die Kirche hat - aus bautechnischen Gründen - leider eine falsche Orientierung. Chor nach Westen; gerade die Auferstehungskapelle hätte nach Osten orientiert sein müssen!
Der Schornstein der Kirche, unmittelbar unter dem Turm gelegen, will trotz aller Bemühungen nicht ziehen. Damit die Kirche nicht verrusst, aber auch um die Bedienung zu sparen, wird 1955 eine elektrische Heizung eingebaut. Die Landeskirche half mit 1000 DM. Nunmehr soll das Orgelpositiv von der Stirnwand fortgenommen und dorthin gestellt werden, wo der Ofen stand.
Die Glocke trägt die Inschrift: "Amor Dei fons vitae" F. W. Bröckelmann, Neheim AD. MCMIII. Ton: a''
Der helle Klang der kleinen Bronzeglocke dringt mit durchs Tel. Sie ist eine Stiftung unseres Freundes Bröckelmann.
Das Fenster, das der Kapelle den Namen gab, ist eine Arbeit des Kunstmalers Max Schulze-Soelde, Theiningsen. Der Kopf trägt die Züge Christi nach dem Turiner Leichentuch. Lux lucet in tenebris. Aus der Nacht des Grabes (dunkle Gläser) erhebt sich das Licht der Welt (helle Gläser, Sonne)
Kleines hausartiges Gebäude auf rechteckigem Grundriss mit Satteldach, etwa Ost-West gerichtet in Hanglage, Putzbau, weiß gestrichen, Bruchsteinsockel, im Osten spitzer Dachreiter, im Westen rechteckiger eingezogener Altarraum mit Pultdach, segmentbogige Fenster, im Ost- Giebel sowie im Altarraumanbau Rundbogenfenster.
Haupteingang im Nordosten mit Grünsandsteinrahmung betont, im östlichen Drittel (ca.) Gemeinderaum und kleiner Nebenraum, die westlichen zwei Drittel Kirchsaal, mit Holzfalltür verbunden, Kirchsaal mit Flachdecke, der kleine Altarraum segmentbogig abgeschlossen, mit Rundfenster, figürlich gestaltet von Max Schulte-Sölde 1954.
Weitere einfache Ausstattung von 1954 (Altar, wohl samt Kreuz, Leuchtern und Bibelpult, Kanzel, Bänke, Wandleuchter), später ergänzt (wohl einfacher Taufständer, 1994 Antependium aus Varensell).
Die abgängige Orgel 2015 durch ein kleines Instrument aus Westerkappeln ersetzt (Kreienbrink 1985, Meisterstück). Eine Glocke, vermutlich 1954, keine Angaben.
14.11.2017
Typisches kleines Kirchlein noch ganz im Sinne der "ersten Generation" der um 1952 errichteten Diasporakapellen, vgl. dazu: Diaspora-Hilfe der Ev. Kirche von Westfalen, Bauten 1951, hg. von Martin Nebe, Essen o. J. (1952) sowie Evangelische Kirchen in Westfalen 1952-1962, hg. vom Landeskirchenamt der EKvW, Zusammenstellung und Texte von H. E. Nau / H. Moldenhauer, Bielefeld 1963.
Wie in Günne, sind die Diasporakirchen in der Regel bescheidene Mehrzweckbauten. Bei aller Einfachheit zeigen sie zumindest kleine künstlerische Akzente, hier z. B. das Rundfenster von Max Schulze-Sölde, der in der Nähe lebte und arbeitete.
27.04.2004