Der Soester Anzeiger anlässlich des Ausscheidens von Dr. Frank Stückemann aus dem Dienst:
MEININGSEN • Natürlich hatte er sich seinen Abschied aus der evangelischen Kirchengemeinde Meiningsen ein wenig anders vorgestellt. Aber Dr. Frank Stückemann hätte nicht Pfarrer sein müssen, um zu wissen, dass das Leben nur selten wie geplant läuft, sondern die ein oder andere unliebsame Überraschung in petto hat.
„Selbstverständlich hätte ich liebend gerne meinen Dienst ganz regulär mit dem Erreichen des entsprechenden Alters beendet. Aber es hat nun einmal nicht sein sollen“, erklärt der Theologe, der seit 1991 Pfarrer in Meiningsen ist – oder besser gesagt: war. Denn zum 1. November endet diese Dienstzeit.
„Ich bin beim besten Willen gesundheitlich nicht mehr in der Lage, Pfarrer einer Kirchengemeinde zu sein“, erklärt Stückemann. Bis zu dieser schmerzlichen Erkenntnis und Einsicht war es ein langer Weg. Ein Weg, auf dem Stückemann die finale Antwort zwar schon sehr früh kannte, sie aber nicht wahrhaben wollte.
Zu Beginn seiner schweren Erkrankung im Jahr 2011 war da natürlich noch die Hoffnung, dass die Ärzte das schon irgendwie in den Griff bekommen würden. Doch von dieser optimistischen Aussicht hat sich der 55-Jährige dann Jahr für Jahr ein Stück mehr verabschieden müssen.
„Als ich im Herbst vergangenen Jahres nach mehreren Monaten wieder in den Dienst zurückgekehrt bin, war ich eigentlich recht zuversichtlich, dass das wieder klappen würde“, blickt der Pfarrer zurück. Doch als es dann im Frühjahr einen erneuten Rückschlag gab, wurde auch ihm klar, dass es so nicht mehr weitergehen würde: „Es geht einfach nicht mehr.“
Abschied nach 26 Jahren: Mit dem Monat November endet die Dienstzeit von Dr. Frank Stückemann als Pfarrer der Kirchengemeinde Meiningsen. • Fotos: Limbrock
Für Stückemann stellt der Abschied aus Meiningsen eine echte Zäsur dar. 26 Jahre war er in der kleinen Gemeinde zwischen Soest und Möhnesee Pfarrer. 26 Jahre, in denen er das Leben in einer Landgemeinde mit ihren überschaubaren Strukturen und ihren besonderen Herausforderungen zu schätzen gelernt hat: „Ich habe das hier immer sehr gerne gemacht.“
Als er sich für Meiningsen entschied, wusste Stückemann, was auf ihn zukommen würde. Für den gebürtigen Bielefelder war eine Pfarrstelle in einer Landgemeinde alternativlos: „Ich wollte eigentlich nie in die Stadt.“ Die lange Tradition dieser Kirchengemeinde mit ihrer historischen Kirche hat ihn dabei besonders gereizt. Schnell wurde ihm klar: „Hier wollte man einen Pfarrer haben, bei dem man wusste, wo man dran ist.“
Authentisch sollte „Hochwürden“ sein. Authentisch. Echt. Kernig. Und durchaus auch einer mit Ecken und Kanten. „Ich glaube, dass das gut gepasst hat“, ist der promovierte Theologe überzeugt, der „Seelsorge zwischen Tür und Angel“ stets abgelehnt hat: „Die pastorale Arbeit ist das A&O. Als Pfarrer muss man greifbar sein; immer ein offenes Ohr haben.“ Die zufälligen Gespräche im Supermarkt zwischen den Regalen hätten mitunter eine unglaubliche Tiefe gehabt: „Man nimmt ja Anteil an all den menschlichen Dingen. Das ist Seelsorge in ihrer tiefsten Bedeutung.“
Dass mit seinem Abschied nun auch das mutmaßliche Ende von Meiningsen als eigenständige Kirchengemeinde eingeläutet wird, bezeichnet er als bitter: „Das tut schon weh. Es war nie einfach, den Laden hier zusammenzuhalten. Aber die Gemeinde nun ganz aufzugeben, ist meiner Meinung nach nicht die optimale Lö- sung. Ich habe da so meine Zweifel, dass das der richtige Weg ist. Wenn man die Kirche nicht buchstäblich im Dorf lässt, bleibt zu vieles auf der Strecke.“
Der´scheidende Pfarrer ist an zahlreichen Publikationen als Autor und Herausgeber beteiligt.
Wie es mit ihm selbst weitergehen wird, ist noch nicht vollständig geklärt. Stückemann hofft, dass man bei der Landeskirche noch eine Verwendung für ihn hat, der er vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Handicaps auch gerecht werden kann. Immerhin hat er sich als Herausgeber und Autor von über 40 Schriften und Büchern – größtenteils mit theologisch-historischen Inhalten – einen guten Namen gemacht: „Auf dieser Ebene würde ich gerne noch weiter tätig werden.“
Neuer und gleichzeitig alter Lebensmittelpunkt wird dabei Bielefeld sein. Von der Gemeinde Meiningsen und von den vielen Wegbegleitern wird sich der Pfarrer am 10. Dezember im Gottesdienst verabschieden. Ob er dafür schon an seiner Predigt feilt? „Nein“, schmunzelt er, „ich habe immer frei gepredigt. Und das werde ich auch am 10. Dezember so halten.“
aus: Soester Anzeiger - Donnerstag, 02. November 2017.
Zurück zu Pfarrer Dr. Frank Stückemann