Bericht der Ortsheimatpflegerin Anja Heymann.
Es ist soweit, endlich wird unser Kirchturmdach renoviert. Seit gut acht Jahren planen Pastor Dr. Frank Stückemann und der Münsteraner Bauingenieur Rolf Remy die Turmsanierung. Im Juni 2010 wurde das Turmdach aus Sicherheitsgründen mit einem Spezialnetz eingepackt. Der Turm, der 1809 auf dem Fundament des alten Turmes neu errichtet wurde und 90 Fuß - ca. 27,50 Meter misst, ist marode geworden. Die Schiefersteine sind brüchig und vereinzelt vom Turm gefallen. Das Kranzgesims ist stark verwittert.
31.08.1999
Mit freundlicher Genehmigung von Achim Zickwolf,
Börde-Berufskolleg des Kreises Soest
Um einen großen Teil der Kosten decken zu können, wurde die Alte Schule verkauft. Es wurde in den letzten Jahren eisern für dieses Projekt gespart und stolze 52000 Euro sind es letztendlich geworden. Spendenaufrufe und ein Benefizkonzert haben ebenfalls einen kleinen Teil zur Kostendeckung mit beigetragen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz förderte die Turmsanierung mit 50000 Euro. Der Ausschuss zur Dorfentwicklung hat 30000 Euro genehmigt und 15000 Euro sind aus Landesmitteln für den Denkmalschutz geflossen.
Die Finanzierung ist gesichert, nun kann losgelegt werden!
22.05.2012
Der Zimmereibetrieb Ueding aus Billerbeck beginnt mit den Sanierungsmaßnahmen.
22.05.2012
Ernst Telgmann hält ein Unterteil des maroden Sims in der Hand. Das Gesims besteht aus drei Lagen und muss zum größten Teil erneuert werden. Das Gesims ist das horizontal gestaltete hölzerne Bauelement, dass an der St. Matthias Kirche den Abschluss des steinernen Turmes und gleichzeitig den Sockel des Dachgebälks darstellt.
22.05.2012
Manfred Möllers und Martin Averbeck bringen die neue Verschalung aus Fichtenholz, auf die alte aus Eichenholz, auf. Zuvor müssen die alten harten Eichenbretter auf den Sparren mit Schrauben aus Edelstahl nochmals verstärkt befestigt werden. Manfred Kortüm - auf der anderen Turmseite - sägt die Bretter auf die richtige Länge.
22.05.2012
Gut sichtbar sind die Ausschnitte in der alten Verschalung. Sie dienten bei früheren Renovierungsarbeiten zur Aufnahme des Gerüstes.
22.05.2012
Details auf einen Blick: Neue Verschalung, zusätzliche Befestigung der alten Verschalung mit VA-Schrauben, alte Gerüstausschnitte, große Mengen alte Nägel - teils geschmiedet, teils maschinell gefertigt - mit denen die Schiefersteine befestigt waren.
22.05.2012
Um die Kirchturmspitze genau in Augenschein nehmen zu können, müssen 13 Gerüstebenen erklommen werden. Hier der Blick von Ebene 12 auf die Spitze. Die Befestigungseisen sind stark verrostet, die Kugel weist Einschusslöcher von amerikanischen Soldaten auf, das Kreuz ist verrostet und der ebenfalls von Schüssen durchlöcherte Hahn (?!) ist für die Restaurierung schon abmontiert worden. Nach genauer Prüfung von Architekt Remy ist eine Restaurierung von Kugel und Kreuz nicht mehr sinnvoll. 200 Jahre haben heftig am Material genagt. In Planung ist ein neues Kreuz aus V2A-Stahl, eine vergoldete Kupferkugel und ein vergoldeter Wetterhahn. Mitte Juli soll die Turmkrönung montiert werden.
22.05.2012
Ansicht von Ebene 11. Strahlend blauer Himmel und ein leises, laues Lüftchen weht. Der Blick auf das Dorf und das Umland ist einfach atemberaubend.
22.05.2012
Auf der Ebene 11 sind die zum Teil sehr großen Abstände zwischen den alten Verschalungsbrettern zu sehen.
22.05.2012
Mit einem kleinen Baukran wird Material auf, oder vom Turm geschafft.
22.05.2012
Mit der Materialrutsche wird der Bauschutt abtransportiert.
22.05.2012
Das Holzsims muss erneuert werden, die Plane schützt den abgebauten Bereich. Ein Teil der alten und maroden Schiefersteine sitzen noch auf der alten Verschalung.
22.05.2012
Auf der Ebene 8 befindet sich ein Einstieg vom Gerüst in den Turm.
22.05.2012
Ein phänomenaler Blick in die Fachwerkkonstruktion des Turmhelms.
22.05.2012
Ein großer Teil des dreilagigen Gesims wurde ausgebaut und ein neuer Fußboden verlegt.
22.05.2012
Ein sicherer Auf -und Abstieg von der Turmdachebene auf die Glockenstuhlebene ist dank einer neu gebauten Zwischenplattform jetzt möglich.
22.05.2012
Eine interessante Ansicht von der Zwischenplattform auf den Glockenstuhl und den Abgang auf die Turmuhrebene.
25.05.2012
Oh je, jetzt muss noch ein Teil des Dachstuhls erneuert werden. Herbert Lüers hebelt mit dem Brecheisen ein Verschalungsbrett ab. Es sieht nun gefährlich filigran aus.
25.05.2012
Im 19. Jahrhundert wurde nicht immer 1A-Qualität verbaut. Heute wäre ein Einsatz dieses Balkens undenkbar. Der Holzwurm hat sich auch schon gütlich getan. Es ist kein aggressiver Vertreter seiner Art gewesen, denn er hat sich nur im äußeren weichen Teil des Holzes bedient. Den harten Kern hat er gemieden. Die Zimmerleute werden die Borke entfernen, denn sie ist ein guter Unterschlupf für Schädlinge.
25.05.2012
Die verschiedenen Sanierungszustände auf einem Blick: offener Dachstuhl einerseits und die schon mit Dachpappe belegte neue Verschalung andererseits.
25.05.2012
Lukas Espelkott lädt die maroden Bretter und Balken auf den Firmenanhänger. Ob das gut abgelagerte Baumaterial wohl als letzte Bestimmung dem Menschen als Brennholz Wärme spendet?
31.05.2012
Am Turmgebälk sind sechs Schiefersteine befestigt. Auf jeder dieser Steintafeln wurde neben dem Datum früherer Reparaturarbeiten die Namen der ausführenden Handwerker eingeritzt. Eine Tafel stammt von den Schülern des Börde-Berufskollegs.
Die Schiefersteine hängen in unmittelbarer Nähe einer Turmluke, die zum Ausstieg für Reparaturarbeiten am Schieferdach dient. Anja hat mit einer Leuchtlupe folgendes entziffern können:
9.9.85
Horst O.
Bruno Z.
Paul B.
Jon Ko.
Schindel 1
Paul B.
Bruno Z.
Schindel 2
DTA
13.8.1999
Bauaufnahme Gruppe 3
Sabrina Wallenborn *25.05.1980
Christian Hollaz *25.05.1980
Martin Woithoff *01.02.1979
Börde-Berufskolleg
Die Liebsten bestraft das Leben
Danke Chef ???
4.6.1999
Schindel 3 - Name des Chefs ist nicht zu entziffern.
Bruno Z.
Paul B.
15.03.90
Schindel 4
BRZZO Z
Uzus W
???
93
Schindel 5 - sehr schwer zu entziffern.
Stephan Klotz
Michael Bergau
(Hoss)
25.8.1999
Schütt???bau
Schindel 6 - ebenfalls unklare Bereiche.
Die Reparaturen im Innenraum des Turmhelms sind nun abgeschlossen.
18.06.2012
Die neuen Gesimsteile sind perfekt an das alte Gesims angepasst und verbunden.
Nun sind die Dachdecker und Klempner der Firma Prange GmbH aus Brilon in Aktion.
18.06.2012
Die Schiefersteine (Moselschiefer) werden im Bergwerk Katzenberg an der Mosel gebrochen und in drei Grundausführungen geliefert:
18.06.2012
von links: Oberländer Stein, Linkort und Deckstein. Die Plattenstärke liegt
zwischen 4 und 6 mm.
Seit 2019 ist hochwertiger Schiefer aus deutschen Abbaugebieten wegen Unrentabilität nicht mehr zu bekommen. Deutschland deckt inzwischen seinen Schieferbedarf aus Spanien.
18.06.2012
Mit dem dem Aufzug, werden je nach Bedarf, die unterschiedlichen Schiefersteine auf das Gerüst befördert.
18.06.2012
Benedikt Egert bearbeitet die Schiefersteine am Haueisen. Jeder Schieferstein wird individuelle angepasst. Er wird so behauen, dass das Regenwasser einen ganz bestimmten Weg zur Mitte der belegten Dachfläche läuft. So werden Undichtigkeiten vermieden. Zuerst werden die Zungen auf der `Wetterseite` (Nordwesten) mit einem Überstand belegt.
18.06.2012
Die Lötarbeiten an der Dachrinnen werden sorgfältig und gewissenhaft von Klempner-Lehrling Phillip Kröger ausgeführt.
18.06.2012
Dachdecker Christopher Aniol belegt die nordöstliche Zunge mit Schiefersteinen. Dirk Tüllmann passt bereits die Traufbleche an.
18.06.2012
Die Eckverbindung der Dachrinne ist mit Lötpunkten fixiert. Das Lochblech soll Ungeziefer fernhalten. Im nächsten Arbeitsschritt wird eine komplette Lötnaht gelegt und das Traufblech angebracht.
22.06.2012
Altdeutsche Deckung hoch über dem Dorf. Bei dieser Art der Schieferdachdeckung verändert sich die Steinhöhe. Die ersten / unteren Lagen haben eine Höhe von ca. 28 cm, die letzten / oberen Lagen nur noch von ca. 22 cm.
29.06.2012
Simon Köster reißt mit einer Dachlatte und dem Hauhammer die nächste Lage an. Die Dachlatten links und rechts markieren das Ende des Überstandes.
29.06.2012
Nach einer Klangprobe wird der der nächste Deckstein bearbeitet. Der größte Teil der Schiefersteine ist bereits verlegt. es geht mit großen Schritten auf die Turmspitze zu.
29.06.2012
Die blanke hölzerne Turmspitze - der Kaiserstiel, ragt schmucklos in den Meiningser Himmel. Wir sind schon auf die neue Turmkrönung gespannt, die bald silber-gold-glänzend unseren Kirchturm zieren wird.
03.07.2012
Ob die alte Turmkrönung noch restauriert werden kann, oder besser eine neue nach altem Vorbild gefertigt wird, wird eingehend diskutiert. Eine Erhaltung wäre die vorrangige Lösung, doch nach eingehender Prüfung wohl sehr riskant. Katharina Schuchardt von der unteren Denkmalbehörde, Architekt und Bauingenieur Rolf Remy, Pastor Dr. Frank Stückemann, zwei Mitarbeiter der Kunstschmiede Rafael Jürgens [1] und Mitglieder des Presbyteriums wägen gewissenhaft das Für und Wider ab.
03.07.2012
Wie man sieht, hat der Zahn der Zeit schon sehr stark am Material genagt. Es müssten schon etliche Teile erneuert werden.
03.07.2012
Der Materialquerschnitt würde bei der Restaurierung an wichtigen für die Statik relevanten Stellen sehr verringert. Im Zweifel geht die Sicherheit vor. Das genaue Ausmaß der Schäden durch Rostfraß kann erst bei einer sorgfältigen maschinellen Bearbeitung festgestellt werden. Ob dann das Kreuz nicht schon zu stark verändert oder gar zerstört ist? Aus heimatpflegerischer und denkmalschützender Sicht, wäre das sehr zu bedauern. Vielleicht kann man die ursprüngliche Turmkrönung konservieren und erhalten und dann in der Kirche mit einer entsprechenden Dokumentation auszustellen. Eine neue Turmkrönung würde dann für viele nachfolgende Jahrzehnte sicher unseren Kirchturm zieren. Wir hoffen auf eine umsichtige Entscheidung unserer unteren Denkmalbehörde - zeitnah, denn das Gerüst ist teuer.
03.07.2012
Noch einmal wird der Kaiserstiel inspiziert. Auch er ist durch die Undichtigkeit der Turmkrönung schon geschädigt.
Die folgenden 21 Fotos verdanken wir dem mutigen Einsatz von Elena und Franziska Kreis, die im Auftrag der Ortsheimatpflege auf den Turm steigen mussten.
Endlich können die Maler ans Werk. Erst wird die Kirche mit einem Hochdruckreiniger bearbeitet. Eine Floritlösung wird auf über 130 Grad Celsius erhitzt und auf den Putz gespritzt, um so festgesetzte organische Partikel zu entfernen.
10.07.2012
Dann wird an verschiedenen Ecken fleißig gestrichen. Iva Alesi macht sich mit der Farbe Keim-Granital an den Sockelanstrich.
10.07.2012
In unbequemer Lage streicht Detlef Sterzel das Gesims im Sandsteinton.
10.07.2012
Auch Malerlehrling Timo hat seine Spezialaufgabe. Er streicht in nicht rückenschonender Haltung mit der Ventifarbe Braun die Lamellenfenster.
10.07.2012
Die Ortgangverblendung wird komplett erneuert.
10.07.2012
Was da so alles zum Vorschein kommt.
10.07.2012
Generationen von Insekten und Vögeln haben hier gewohnt. Ihre Hinterlassenschaften werden erst einmal beseitigt und dann die Dachpfannen wieder gerichtet.
10.07.2012
Mit neuen Ortgangbrettern wird das Dach wieder verschlossen.
18.07.2012
Die Fachmänner arbeiten auf drei Ebenen parallel. Insgesamt werden fünf Schichten aufgetragen. Eine Fixierung als Grundanstrich, dann drei Farbanstriche - Purcristilat mit Kristallversit und zum Schluss wieder ein Fixieranstrich. Eine Farbveränderung zum aktuellen Anstrich ist laut Denkmalbehörde nicht gestattet.
18.07.2012
Präzise streicht Detlef Sterzel den Sockel.
18.07.2012
Da muss Burkhard Kohlmann Standfestigkeit beweisen. Auf einem Holm des Gerüstbocks stehend und mit einer Hand abstützend an der Wand, streicht er über Kopf das Gesims der Apsis.
19.07.2012
Die Turmbekrönung, hergestellt von der von der Kunstschmiede Rafael Jürgens [1], trifft ein. Unser Küster Dieter Brunstein ist mit dabei.
19.07.2012
Zimmermann und Schlosser arbeiten zusammen. Gemeinsam werden sie die Turmbekrönung auf den Kaiserstiel montieren. Zuerst muss das Grundgestell auf den Turm gebracht werden.
19.07.2012
Das neue Kreuz, mit kleinen technischen Verbesserungen, aber nach altem Vorbild liegt noch auf dem Anhänger.
19.07.2012
Die vergoldete Kupferkugel schwebt am Lastenaufzug. In vier Teilstücken wird die Turmbekrönung auf die höchste Gerüstebene gebracht.
19.07.2012
Das Grundgestell sitzt auf dem Kaiserstiel.
19.07.2012
Es wird sorgfältig mit Edelstahlschrauben befestigt.
19.07.2012
Der Kaiserstiel und das Grundgestell müssen vor Witterungseinflüssen geschützt werden.
19.07.2012
Zur sicheren Abschottung vor der Feuchtigkeit wird eine Edelstahlmanschette angebracht.
19.07.2012
Noch fehlt eine zweite Edelstahlmanschette um den bestmöglichen Schutz zu gewährleisten. So gut geschützt wird die Turmbekrönung und der Kaiserstuhl wohl mindestens noch einmal 200 Jahre stabil dem westfälischen Wind trotzen.
19.07.2012
Damit sich der goldene Wetterhahn nach den Launen der Lüfte dreht, wird seine Aufnahmeachse gut geschmiert
19.07.2012
Der Hahn hoch oben auf dem Kreuze sitzt und im Sonnscheine blitzt. Strahlt seinen hellen Schein, weit ins Bördeland hinein. So soll er sich noch lange drehen, auf das ihn viele Menschen sehen.
13.08.2012
Ja, er glänzt wie noch nie zuvor.
19.08.2012
Nie war St. Matthias schöner als heute - zumindest von außen!
01.10.2012
Johann Behringer - Ortskurator der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Architekt Rolf Remy, Pfarrer Dr. Frank Stückemann, Jutta Viktoria Dewenter - Bezirksleiterin West-Lotto, Kirchmeister Fritz Schmitz, Küster Heinz Dieter Brunstein, Ortsheimatpflegerin Anja Heymann, Dirk Pieper - Architekt im Kirchenkreis Soest, Friedhelm Eck - ehemaliger Rendant der Kirchengemeinde und Finanzbeauftragter.
Die 'Lottofee' ist da. Ja, richtig gelesen, die Lottofee. Die wenigsten Leute wissen, dass ein Teil der Glücksspiraleinnahmen für gemeinnützige Zwecke verwendet wird. Also nicht traurig sein wenn euer Los mal nicht gewinnt, so gewinnt doch die Gesellschaft in den verschiedensten Bereichen. Die Stiftung Deutscher Denkmalschutz, die ihre Gelder aus Spenden und den Lotto- und Glücksspiraleinahmen bezieht, hat 50000Euro für die Turnsanierung zur Verfügung gestellt.
01.10.2012
Hier, im Eingangsbereich von St. Matthias unter dem Turm ist die alte Turmbekrönung von nun an aufgestellt.
Kommt doch 'mal sonntags in die Kirche und schaut sie euch an. Es ist prima zu sehen, wie der Zahn der Zeit am Material genagt hat. Auch zahlreiche Einschusslöcher in der Kugel und am Hahn können bestaunt werden.
Jetzt packen wir unsere altehrwürdige Kirche von innen an, oder?
▲ Interessante Online-Dokumentation über die "Neuanfertigung des Turmkreuzes mit Hahn und Kugel. der evgl. Kirche in Soest/Meiningsen" von der Kunstschmiede Rafael Jürgens.