Die Kirchenglocken von St. Matthias

hier stehen wenn es losgeht - ganz schön laut!18.05.1999

Unten die Glocke im Ton f aus dem Jahre 1498.
Oben die Glocke im Ton a aus dem Jahr 1780.

Ein Tondokument vom 30.05.1999:

Im Rahmen des Glockenkonzertes der Soester Altstadtkirchen 2018 - auch die Meiningser Kirchenglocken wurden mit eingebunden - machte Tim Köckmann einen wunderbaren Video-Mitschnitt [1] von unseren Glocken:

27.07.2018

Die Bronze-Glocke aus dem Jahre 1498 ist von Hermann Vogel, Durchmesser: 0,995m, Gewicht ca. 550kg, Ton f.

Glocke von 149818.05.1999

Sie trägt die Inschrift: ihesus. maria. johannes, sanctus. matius. m. cccc. cxviii. dar. bi. got. herman. vogel mi. [2]

Glockenton08.09.2002
Pfarrer Frank Stückemann schlägt am Tag des offenen Denkmals die Glocke von 1498 an.

Claus Peter schrieb die umfassende Information "Die Glocke von 1498 zu Meiningsen und ihr Meister Hermann Vogel" [3]

Die Bronze-Glocke von 1780, Durchmesser: 0,89 m; Ton a. Verziert mit Barockengel und Ranken. Sie trägt die Inschriften:

Christian Sigismund Budaeus jetziger 75jähriger Pastor der 45 Jahre in diesem Amt ist, Christian Schwieger Küster, Friedrich Piper, Schulze, und Friedrich Camradt, Kirchenvorsteher, gegossen von Johann Henrich Scheels Wittwe in Stettin, anno 1780. Kommet wenn euch ruft mein Klang dienet Gott mit Lobgesang.

Glocke von 178018.05.1999

Diese Glocke hing vor dem zweiten Weltkrieg in der Kirche zu Daarz. Dorthin gehören auch die auf ihr verzeichneten Namen.

Sie wurde im Krieg abgegeben, aber nicht eingeschmolzen. 1950 wurde die Glocke auf dem 'Glockenfriedhof' in Hamburg entdeckt. Als sogenannte Patenglocke läutet sie seit dem 16.12.1951 in der St. Matthias Kirche. Die etwas weiche Ornamentik der Glocke ist wesentlich reicher als gemeinhin in Soest und Börde üblich ist. [4]

Der Klöppel20.08.2006

Von der Einweihung dieser 2. Glocke berichtete die Journalistin Dr. Ingeborg Berbecker im Soester Anzeiger vom 22.12.1951 ausführlich: [5]

„Kommet, wenn euch ruft mein Klang!“

Meiningser Glockenfeier – Soests Patronatsdorf erlebte die Erfüllung eines alten Wunsches

Am 16. Dezember, am 3. Adventssonntag, hatte die Kirchengemeinde des Dorfes Meiningsen einen Festtag: Ein hundertjähriger Wunsch fand seine Erfüllung: die Kirche erhielt ihre zweite Glocke. Aus diesem feierlichen Anlaß fand ein Festgottesdienst statt, an dem als Vertreter der Patronin des Dorfes, der Stadt Soest, Bürgermeister Senator Dr. Schwartz, Stadtdirektor Becker und Stadtrat Thometten teilnahmen. Diese Feier gab uns den Anlaß, uns einmal genauer mit der Glockengeschichte Meiningsens vertraut zu machen.

Meiningsens Kirchlein, dessen neues rotes Ziegeldach recht gut zu dem altehrwürdigen grauen Sandstein der Mauern paßt, blickt schon auf eine stattliche Reihe von Jahrhunderten zurück. Etwa um 1150 wurde es erbaut, und wir können wohl als sicher annehmen, daß auch seit dergleichen Zeit eine Glocke aus dem Turm, der damals allerdings noch anders gestaltet war, ihre Stimme erhoben hat. Die erste Erwähnung einer Meiningser Glocke finden wir bei Vorwerck, der eine Urkunde aus dem Jahr 1474 zitiert, nach der die Stadt Soest, – die damals noch nicht Patronin des Dorfes war – den Meiningsern eine Beihilfe zur Anschaffung einer Glocke verspricht. Fast ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 1518, also noch in vorreformatischer Zeit, wurde die Glocke gegossen, die heute noch die Bewohner des Dorfes zur Andacht ruft.

Glocke 

„Kommet, wenn euch ruft mein Klang, dienet Gott mit Lobgesang!“ mahnt Meiningsens neue Glocke, die in der Adventszeit zum ersten Mal in der neuen Heimat ertönte.

Ueber steile Holztreppen steigen wir empor zum Glockenstuhl, um die beiden Glocken, die alte und die erst vor wenigen Tagen dort aufgehängte, in ihrer luftigen Höhe zu besuchen. Gewaltig und massiv streben über uns die Eichenbalken zum Gebälk des Turmes zusammen: aus dem Welver Hölzchen sind dereinst die mächtigen Stämme gekommen, die die Stahlachsen und die daran hängenden, viele Zentner schweren Glocken zu tragen haben Die wuchtige Holzachse, die die alte Glocke getreulich seit dem Jahre 1684 gehalten hat, ist nun endlich ersetzt: schon lange machte ihr Alter und ihre Schwere das Läuten zu einer anstrengenden und auch gefährlichen Beschäftigung. Die Glocken hängen übereinander, die alte zuunterst. Ein schöner Ton, ein klares, schwingendes Fis erklingt, als wir leicht mit dem Knöchel an das geschwungene Erz klopfen. Die Inschrift ist kaum zu entziffern, und gibt auch dann noch Rätsel auf: „Jhesus Maria Johannes, sanctus Matias, MCCCCCXVIII dar bi got hermann vogel mi“ steht auf der dunklen Wandung. Sankt Matthias, oft als Schutzpatron von Kapellen bemüht, hat auch das Patronat über die Meiningser Kirche und teilt es seit 1614 friedlich mit der Stadt Soest. die es in diesem Jahre als Erbschaft der Familie Meininghausen übernahm, Der Soester Glockengießer Hermann Vogel ist auch noch als Schöpfer einer anderen Glocke im Kreise Soest bekannt. Ungekränkt hängt seine Matthiasglocke durch die Jahrhunderte in der Turmstube der Meiningser Kirche.

Alt ist der Plan und Wunsch der Meiningser nach einer zweiten Glocke, die das Geläut schöner und voller machen sollte. Schon 1857 sammelte Pfarrer Geck, für eine neue Stahlglocke. Schwungvoll und poetisch heißt es in seinem Aufruf: „Nichts erhebt die Seele mehr zu Gott und ist geeignet, friedliche und andächtige Gefühle in den Herzen zu erwecken als ein schönes, volles, melodisches Geläut. Dasselbe ist dazu bestimmt, eine Weckstimme der Gemeinde zu sein, bald zu festlicher Feier und Gebet, bald zu ernster aber hoffnungsreicher Betrachtung der irdischen Vergänglichkeit.“ (Erschienen am 9. September 1857) Pfarrer Gecks Plan sah damals vor, die alte Glocke zu verkaufen und dafür drei neue anzuschaffen. Die Patronin aber, die Stadt Soest, war nicht einverstanden, und die Aenderung unterblieb.

Es blieb aber auch der Glockenfund, denn Pfarrer Gecks Nachfolger, Pfarrer Rabe, machte die Sache zu seiner eigenen. Ehe aber die neue Glocke angeschafft werden konnte, schmolz das Kapital in der Inflation hinweg. Wieder begann, mit neuem Mut, die Sammeltätigkeit: 25 Jahre nach der Inflation war es die Währungsreform, die zum zweiten Mal das für die Glocke bestimmte Geld verschlang.

Im Jahre 1950 endlich fand sich die Gelegenheit, vom „Glockenfriedhof“ in Hamburg, wo die in Kriegszeiten zur Verschrottung bestimmten Glocken zusammengebracht werden sind, eine heimatlose Glocke zu erwerben. Sie stammt aus Daarz, Kreis Naugard in Pommern, ist auf den Ton a gestimmt, der sich gut zum fis der alten Glocke fügt, und wurde im Jahr 1780 gegossen. Ihre Inschriften lauten: „Christian Sigismund Budäus, jetziger 75jähriger Pastor, der 45 Jahre in diesem Amt ist, Christian Schwieger, Küster, Friedrich Piper, Schulze und Friedrich Camradt, Kirchenvorsteher, gegossen von Johann Heinrich Scheels, Wittwe in Stettin, anno 1780 „Kommet, wenn euch ruft mein Klang, dienet Gott mit Lobgesang!“ Die Zeit des Gusses verrät sich auch im Schmuck der Glockenwandung: Barockengel und anmutige Ranken umfassen die metallene Rundung.

Der 16. Dezember dieses Jahres fand die Gemeinde zum Festgottesdienst versammelt, um die neue Glocke zu feiern. Pastor Rausch predigte über das Wort aus Jesaia 52 Vers 7: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Boten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heilverkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!“ Er nannte diesen dritten Adventssonntag einen Tag des Dankes und der Freude, aber auch des wehmütigen Gedenkens an die verlorenen deutschen Ostgebiete, die alte Heimat der neuen Glocke, und er würdigte die schöne Symbolik der beiden Glocken, die, eine aus der Börde, eine aus dem Osten stammend, gemeinsam für eine Gemeinde läuten würden, die zu etwa gleichen Teilen aus Einheimischen und Ostvertriebenen zusammengesetzt ist. Der Kirchenchor sang sehr eindrucksvoll die trendige Weise des „Wohlauf, wohlauf mit hellem Ton“, die einem Reuterliedlein aus der Zeit der Geburt der alten Glocke zugehört und zum Abschluß Michael Prätorius’ „Der Morgenstern ist aufgegangen“.

Bei einem anschließenden Beisammensein sprach Senator Dr. Schwartz vor dem Presbyterium über das Patronat der Stadt Soest, dieses einzigartige Verhältnis zu dem Dorf Meiningsen, das zwar manchmal im Laufe der Jahrhunderte getrübt war – denn es bedeutet ja ein altes Zeichen der Herrschaft Soests über die Börde und gibt der Stadt z. B. auch das Vorschlagsrecht bei der Wahl eines neuen Pastors – das aber auch für beide Teile recht freundschaftlich und ersprießlich sein kann, wie zur Zeit, da die Patronin doch dazu beigetragen hat, die materiellen Schäden der verwaisten Jahre, in denen die Kirchengemeinde Meiningsen von Schwefe mitbetreut werden mußte, zu heilen.

So ertönen also nunmehr bei allen feierlichen Anlässen vom Turm der Kirche in Meiningsen zwei Glocken und mischen ihre klingenden Stimmen zum Ruf und Gebet: Einheimische und Vertriebene folgen willig der Mahnung der beiden metallenen Schwestern verschiedener Jahrhunderte und verschiedener Herkunft, die sich zum gleichen Dienst zusammengefunden haben. b.

St. Matthias Kirche zu Meiningsen

Meiningsens achthundertjähriges Kirchlein hat nunmehr zwei Glockenstimmen, die die Gemeinde zu Gebet und Besinnung rufen.

Quellen und Hinweise

  1. Tim Köckmann: https://www.youtube.com/watch?v=b_2sWUemRI0
  2. Claus Peter interpretiert die Jahreszahl der Umschrift auf 1498 und nicht auf 1518. Er entdeckte während seiner Forschungen, wie er sich ausdrückte „zahlreiche Fehler in der einschlägigen Literatur“ und das nicht nur zu dieser Glocke „durch falsche technische und musikalische Daten, unrichtige Wiedergabe der Inschrift u.a.m.“. Weiter führte er aus: „Die Jahreszahl der Glocke ist ziemlich sicher mit 1498 aufzulösen; das Trennungszeichen nach dem vierten c deutet darauf hin, daß der Gießer eine Jahreszahl des 15. Jhs. schreiben wollte und ihm im folgenden Teil der Jahreszahl ein Irrtum unterlaufen ist (was beim Aufsetzen der Modelle des öfteren vorkam). Statt „cxviii" müßte es wohl heißen „xcviii" (=98).“. Als Quelle siehe:
  3. Claus Peter: Die Glocke von 1498 zu Meiningsen und ihr Meister Hermann Vogel. Erschienen in: Soester Zeitschrift, Heft 83. Siehe Literaturverzeichnis.
  4. Hubertus Schwartz. Die Kirchen der Soester Börde. S. 27. Siehe Literaturverzeichnis.
  5. Ingeborg Berbecker: "Kommet, wenn euch ruft mein Klang". Siehe Literaturverzeichnis.

Siehe auch