Meiningsen bei Soest [1]

Das Zeitalter Karls des Großen

Die Franken

Das Frankenreich wurde auf den Trümmern des damals im Untergang begriffenen römischen Reiches aufgebaut. Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Franken war Karl der Große. Seine Residenz war in Aachen. Zur Befestigung seines Reiches war er gezwungen, Kriege zu führen gegen die Mauren (Spanien) im Westen und gegen die Germanen im Osten. Es wird unseren Vorfahren vorgeworfen, daß sie häufig Raubzüge in das Reich der Franken unternommen hätten und über den Rhein in das Land eingedrungen seien. Der Rhein war natürlich nicht ein in Ufer gebundener Fluß wie heute, sondern er hat sein Bett vielfach nach anderen Seiten verlegt (im Rheinland sind noch viele Wasserflächen vorhanden, die man heute als alten Rhein bezeichnet).

Die dauernden Einfälle der alten Deutschen in das Frankenreich sollen eine der Ursachen gewesen sein, weshalb Karl der Große, um Ruhe zu schaffen und sich als christlicher Kaiser für die Ausbreitung des Christentums einzusetzen, gegen die Sachsen zu Felde zog (772 n. Chr.). Auch seine Vorgänger hatten angeblich schon Jahrhundertelang unter den Einfällen der heidnischen Nachbarn zu leiden. Am bekanntesten dürfte wohl sein, daß der Hauptwidersacher Karls des Großen der Sachsenherzog Wittekind war. Die Kämpfe Karls des Großen gegen Wittekind dauerten mehr als 30 Jahre und endeten erst nach dem Jahre 800.

Es ist anzunehmen, daß das Christentum schon vor der Zeit Karls des Großen von Süden her in die deutschen Länder eingedrungen ist. Aus dem Jahre 625 wird berichtet, daß in der Umgebung von Soest sechs Bauernhöfe gewesen seien, die von einem König Dagobert an den Kurfürsten von Köln abgetreten bzw. als Lehen übergeben wurden.

In diesen Bauernhöfen wurden neben der Erzeugung von Lebensmitteln auch die Gewinnung von Salz betrieben. Das Salz zu Kochzwecken war früher ein sehr gefragter Gebrauchsartikel, und es sind ganz bestimmt von irgendwelcher Seite dauernd Versuche unternommen worden, dieses Salz zu rauben. Der Zugang zu diesen Salzquellen und Bauernhöfen verlief natürlich durch die Flußtäler: das Tal der Ruhr und der Mohne. Im Laufe der Zeit hat sich die Siedlung erweitert, bis es zur Gründung der Stadt Soest kam.

Das Gebiet der Stadt Soest soll früher ein großer Sumpf gewesen sein, und das ist auch so ziemlich alles, war über die Uranfänge der Stadt Soest zu berichten ist. Eindeutig geht hervor, daß das Christentum schon vor der Zeit Karls des Großen von Süden her eingedrungen ist. Im Jahre 777 wurde von Karl dem Großen in Paderborn ein Reichstag abgehalten. Für eine solche Zusammenkunft der geistigen und weltlichen Oberen hatte man damals die Bezeichnung „auf das Maifeld geladen“. Wenn man bedenkt, daß damals die Kämpfe gegen Wittekind noch längst nicht beendet waren, so ist anzunehmen, daß der Zug Karls des Großen von Aachen nach Paderborn, ob derselbe nun durch das Ruhr- und Möhnetal zog oder andere Wege nahm, mit einer verhältnismäßig großen Heeresmacht unternommen wurde. Dieser Zug Karls des Großen wurde auch von einem Gesandten des türkischen Sultans begleitet, der Kamele bei sich führte. Dieser Gesandte soll einen Reisebericht über seine Eindrücke geschrieben haben. Darin soll es u. a. heißen: Die Bevölkerung stand am Wege, als wir vorbeizogen. Sie waren alle gut genährt, von großem Wuchs und hatten fröhliche Gesichter. Besonders die Mädchen und Frauen waren von ansehnlichem Äußeren und standen barfuß auf strammen Füßen dicht am Wege. Es gab im Lande viele Obstbäume und große Getreidefelder. Es schien ein glückliches Volk zu sein.

Zweihundert Jahre später, im Jahre 950 n. Chr., zog ein arabischer Gelehrter, der von Spanien kam, durch unsere Heimat. Sein Reisebericht lautet ähnlich wie der des türkischen Gesandten. Nur wundert er sich darüber, daß in den deutschen Flüssen so viel Wasser ist. Ihm wurde erzählt, daß durch zuviel Regen leicht eine Hungersnot entstehen könnte. Dieser arabische Gelehrte hat auch Paderborn besucht; er nennt die Stadt „Waterburner“ . Die Stadt Soest bezeichnet er mit „Susan“. Es gibt viele Städte, die früher andere Namen trugen als heute. Von Soest zog dieser Araber nach Mainz. In seinem Bericht staunt er darüber, daß das Wasser im Winter „hart wird“ (Eis) und eine „weiße Masse vom Himmel fällt“ (Schnee), die er bis dato nicht kannte. In Germanien wäre es sehr kalt gewesen. Die Bevölkerung schien von dieser Kälte nichts zu spüren, sie stand barfuß am Wege. Dieser Araber führte ebenfalls eine Menge Kamele mit. Die Leute hatten solche Tiere anscheinend noch nicht gesehen und gaben ihr Erschrecken dadurch zum Ausdruck, daß sie sich bekreuzigten und flüchteten.

Türken und Araber sind Mohammedaner. Die mohammedanische Religion wurde von dem Gründer Mohammed um das Jahr 560 n. Chr. in Mekka (Kleinasien) gegründet. Die Araber haben eine sehr alte Kultur. Unsere Ziffern 0 – 9 sind eine arabische Erfindung. Diese arabischen Ziffern werden heute in der ganzen abendländischen Welt zum Rechnen gebraucht und konnten noch nicht durch etwas Besseres ersetzt werden. Letztere Mitteilungen sind insofern interessant, als schon in grauer Vorzeit fremdes Volk durch unsere Heimat zog.

Im Jahre 1453 eroberten die Türken Konstantinopel, welches, mit 16 Wällen und Mauern umgeben, die stärkste Festung der Welt war. In türkischen Diensten stand der deutsche Kanonengießer Ullrich aus Soest, der für die Türken Hunderte von guten Kanonen gegossen hatte, mit denen in den Wällen ein Loch geschossen wurde, durch das die türkischen Janitscharen in die Stadt eindrangen; sämtliche Bewohner wurden hinweggeführt und durch Türken ersetzt. Ullrich fiel im Kampf. Die seit 100 Jahren als die größte und schönste Kirche der Welt bekannte Sophienkirche wurde mohammedanische Moschee unter dem Namen Haggia Sophia. Erbaut um das Jahr 450 – 1529 hatten die Türken den ganzen Balkan erobert und standen vor Wien, zogen sich aber wieder zurück. – 1683 wurde Wien ein zweitesmal belagert und konnte erst mit Hilfe der Polen gerettet werden, die drei Viertel ihrer Armee verloren. Verteidiger von Wien, Graf Starenberg – Türkischer Heerführer, Mustava Pascha.

Janitscharen war die Leibgarde des Sultans. Welche Sorte von Soldaten ist für uns jetzt im Zeichen der Aufrüstung wissenswert. Aufnahmebedingung um Janitschar zu werden – drei Tage Wüstenmarsch bei glühender Sonnenhitze ohne Essen und Trinken. Die Truppe war halb beritten. Einen Tag ritt der Infanterist auf einem Esel, den anderen Tag ging er zu Fuß und ein anderer benutzte den Esel. Durch große Marschleistung erschienen sie überraschend beim Gegner, der dann leicht zu schlagen war. Mohammedaner gibt es 300 000 000 unter allen Völkern.

Zwiegespräch zwischen einem Veteranen der Türkenkriege und einem rheinischen Edelmann. Ein Beispiel von Vaterlandsliebe, Mut, Tapferkeit und Treue, Kameradschaftsgeist und ehrenvoller Gesinnung. (1690)

Die Türkenpfeife

1. „Gott grüß Euch, Alter! – Schmeckt das Pfeifchen?
Weist her! – Ein Blumentopf
Von rotem Ton mit goldnen Reifchen! –
Was wollt Ihr für den Kopf?“

2. „O Herr, den Kopf kann ich nicht lassen!
Er kommt vom bravsten Mann,
Der ihn, Gott weiß es, einem Bassen
Bei Belgrad abgewann.

3. Da, Herr, da gab es rechte Beute!
Es lebe Prinz Eugen!
Wie Grummet sah man unsere Leute
Der Türken Glieder mähn.“

4. „Ein andermal von Euren Taten!
Hier, Alter! Seid kein Tropf!
Nehmt diesen doppelten Dukaten
Für Euren Pfeifenkopf!“

5. „Ich bin ein armer Kerl und lebe
Von meinem Gnadensold.
Doch, Herr, den Pfeifenkopf, den gebe
Ich nicht um alles Gold!

6. Hört nur: Einst jagten wir Husaren
Den Feind nach Herzenslust,
Da schoß ein Hund von Janitscharen
Den Hauptmann in die Brust.

7. Ich hob ihn flugs auf meinen Schimmel –
Er hält es auch getan –
Und trug ihn sanft aus dem Getümmel
Zu einem Edelmann.

8. Ich pflegte sein. Vor seinem Ende
Reicht er mir all sein Geld
Und diesen Kopf, drückt mir die Hände
Und blieb im Tod noch Held.

9. Das Geld mußt Du dem Wirte schenken,
Der dreimal Plündrung litt,
So dacht ich, und zum Angedenken
Nahm ich die Pfeife mit.

10. Ich trug auf allen meinen Zügen
Sie wie ein Heiligtum,
Wir mochten weichen oder siegen,
Im Stiefel mit herum.

11. Vor Prag verlor ich auf der Streife
Das Bein durch einen Schuß;
Da griff ich erst nach meiner Pfeife
Und dann nach meinem Fuß.“

12. „Ihr rührt mich, Alter, bis zu Zähren!
O sagt, wie hieß der Mann,
Damit auch mein Herz ihn verehren
Und ihn beneiden kann?“

13. „Man hieß ihn nur den tapfern Walter;
Dort lag sein Gut am Rhein.“
„Das war mein Ahne, lieber Alter,
Und jenes Gut ist mein!

14. Kommt, Freund! Ihr sollt bei mir nun leben,
Vergesset Eure Not
Kommt, trinkt mit mir von Walters Reben
Und eßt von Walters Brot.

15. „Nun topp, Ihr seid sein wahrer Erbe,
Ich ziehe morgen ein.
Und Euer Dank soll, wenn ich sterbe,
Die Türkenpfeife sein.“

Karl der Große gründete zur Befestigung seiner Macht Pfalzen und Klöster. Diese erhoben von unseren Vorfahren Steuern in Form von Lebensmitteln. Hierbei kam es häufig zu Streitigkeiten, die manchmal zu ernsthaften Kämpfen führten. Kämpfe gegen die Sachsen fanden statt in der Gegend des heutigen Borken, im allgemeinen nördlich der Lippe. Diese Pfalzen und Klöster wurden natürlich nur da angelegt, wo schon eine größere menschliche Siedlung war. Später wurde aus dieser Siedlung ein Dorf, das dann in den meisten Fällen auch eine Kirche hatte. Größere Siedlungen entwickelten sich zu einer Stadt, und die städtischen Bewohner nannten sich Bürger. Die Bürger einer Stadt erwarben sich im Laufe der Zeit verschiedene Freiheiten. Im Gegensatz zu den weitabgelegenen Dorfbewohnern, die leibeigene Sklaven waren. Diese Städte wurden vor- oder nachher mit einer Befestigungsanlage umzogen, und die Zugänge versah man mit festen Toren, die bewacht und jeden Abend geschlossen wurden.

In den meisten Fällen war das Verhältnis der außenliegenden Dörfer zu den Städten kein sehr gutes, da häufig Überfälle der Ritterschaften auf die sich entwickelnden Städte erfolgten. Es scheint aber so, als wenn sich in der Umgebung von Soest zwischen Ritter und Stadt ein gutes Verhältnis entwickelt hat. Unter den westfälischen Rittern und Gutsherren hatten die Untergebenen zu allen Zeiten ein erträgliches Leben. Die ständige Kriegsgefahr hat dazu beigetragen; sie waren alle aufeinander angewiesen. Meiningsen und Soest müssen sehr zusammengehalten haben. Der Bericht des Herrn Lehrer Schulte in Meiningsen, der die Herkunft des Namens Meiningsen durch seine Forschungsarbeit klargestellt hat, ist hierbei von großer Bedeutung.

Während der Zeit Karls des Großen kam es noch einmal zu einem gewaltigen Kampfe, in dem bei Verden an der Aller 3000 gefangene Sachsen – nach einer anderen Lesung 5000 – hingerichtet worden seien. Es loderten noch hier und da einige Unruhen auf, die aber kurz nach dem Jahre 800 endgültig aufhörten. Das Christentum hatte gesiegt.


Meiningsen bei Soest, Inhaltsübersicht.

Quelle

  1. Josef Wedding: Meiningsen bei Soest. Siehe Literaturverzeichnis.