Meiningsen bei Soest [1]

Die alte Windmühle

Die alte Windmühle und die Kirche sind sozusagen die Wahrzeichen von Meiningsen. Die Windmühle von Meiningsen liegt ca. 400 m südwestlich vom Dorfe haaraufwärts. Es ist eine sog. Holländer-Mühle, bei der die Haube (Kappe) nach dem Wind drehbar ist. Die ganze Mühle ist aus Eichenholz gebaut und achtkantig. Die acht aufrechten Eckpfosten sind ca. 12 m lang und 31 x 31 cm vierkantig. Der Durchmesser der Mühle beträgt ca. 10 m am unteren und ca. 7 m am oberen Ende. Die oben liegende Haupt-Mühlenachse, an der die Flügel befestigt waren, ist 65 cm vierkantiges Eichenholz. Ein ganzer Eisenbahnzug schwerer Eichen-balken ist daran kunstgerecht verarbeitet worden. Das Holz ist so hart, daß auch die beste Sä-ge schon nach ein paar Minuten stumpf ist. Die Windmühlen sind die gewaltigsten Holzbau-werke früherer Zeiten. Das Räderwerk der Meiningser Windmühle ist noch vorzüglich erhalten und soll so weit wie möglich wieder instandgesetzt werden, so daß es evtl. mit einem Elektromotor zu Schauzwecken wieder drehbar wird. Nach Ansicht des Herrn Studienrates und Historikers Tommetten vom Gymnasium in Soest ist hier hervorragende Handwerkskunst angewandt worden. Es ist geplant, die Windmühle, das Wahrzeichen von Meiningsen, unter Naturschutz zu stellen, um der Nachwelt dieses hervorragende Denkmal höchster handwerklicher Kunst vergangener Zeiten zu erhalten. Der Bau der Mühle hat fast zwei Jahre gedauert, und die Kosten beliefen sich auf ca. 4000 Taler. Der Mühlen-Baumeister, der diese Mühle erbaute, war nicht nur ein guter Handwerksmeister, sondern auch ein sehr wind- und wetter-kundiger Mann (Metereologe). Wie fast alle Windmühlen, ist auch die Meiningser Windmühle auf einem Platz erbaut, der die günstigste Windlage hat. Sowohl der nächtliche Haar-Zug wie auch der Westwind können mit voller Kraft auf das Flügelkreuz einwirken. Die Windmühle bei Werl hat eine ähnliche Lage.

Oben in der Mühle sind zwei 6 – 7 m lange Eichenbalken mit folgender, eingeschnittener Schrift in lateinischer, altertümlicher, großer Balkenschrift, die folgendermaßen lautet:

Anno 1818 – November – haben die Eheleute Diedrich Schulze und Anna-Maria Wilms aus Meiningsen diese Mühle aus ihren Mitteln und mit Gottes Hilfe aufbauen lassen durch Meister Holtmann aus Marbeck.

Auf dem anderen Balken steht:

Gott, aus lauter Gnaden
verhüte allen Schaden,
der durch die starken Winde
entstehen könnt' geschwinde.
Vertrau auf Gott wenn's stürmt und schneit,
wenn die Donnerwolke schreit,
wenn dich trifft das böse Wetter
ist Gott allein dein Retter.

Scheinbar hat es damals noch sehr fromme Leute gegeben. Wie wichtig eine Windmühle in damaliger Zeit war, ist bereits gesagt worden. Daß eine einzige Person, wie in diesem Falle der Bauer Schulze, eine Windmühle erbaut, ist eine Seltenheit.

Im allgemeinen wurden Wasser- und Windmühlen von Städten, Gutsherren oder Klöstern erbaut, weil andere Menschen gar nicht die hierzu erforderlichen Mittel besaßen. Der damalige Bauer Diedrich Schulze, der scheinbar ein sehr heller Kopf war, hat aber über diese Geldmittel verfügt. Es ist auch bestimmt anzunehmen, daß er nicht sein ganzes Bargeld für den Bau der Windmühle ausgegeben hat. Jedenfalls sind er und seine Frau sehr stolz darauf gewesen, weil in einem der Balken eingeschnitten ist: aus eigenen Mitteln erbaut. In diesem Ausdruck liegt ein gewisser Besitzerstolz. Im Jahre 1818 war die Leibeigenschaft erst seit 12 Jahren aufgehoben. In diesen 12 Jahren konnte der Bauer allerdings über seine Ernte selbst verfügen und brauchte nichts mehr an den Gutsherrn abzuliefern. Zum Schulzenhof muß eine ganze Menge Land (vielleicht einige 1000 ha) gehört haben. Allerdings muß darauf hingewiesen werden, daß im Jahre 1818 die Dampfmaschine noch nicht erfunden war und nur Wind und Wasser zur Verarbeitung des Getreides zur Verfügung standen. Um die Windmühle herum lagen zeitweilig Tausende von Zentnern Getreide aufgestapelt. Daraus ist wiederum zu ersehen, wie notwendig die Windmühle in dieser Gegend war. Wenn man Mehl hat, kann man Brot backen; wie schwierig es damals zeitweilig war, von Getreide Mehl zu erhalten, ist bereits gesagt worden. Die sich in gutem Wind drehenden Windmühlenflügel waren damals gewissermaßen ein Symbol der Erlösung von der Not um Brot.

Die Einrichtung der Windmühle bestand aus einem Schrottgang, einem Mahlgang und einer Schälmaschine für Gerste und Hafergrütze. Letztere ist abgebrochen worden, weil sie von Holzwürmern zerfressen war. Der noch vorhandene Schrottgang besteht aus zwei Steinen aus rheinischer Lava vulkanischen Ursprungs. Der Mahlgang besteht aus Ruhrsandstein aus Witten. Die beiden Läufersteine wiegen je 60 Zentner bei 1,5 m Durchmesser. Das Brotmehl wurde ganz fein gemahlen und von den Mahlgästen zu Hause mit einem Roßhaarsieb ausgesiebt. Die im Siebe liegenbleibende Kleie war Viehfutter. So wurde das bis zum Jahre 1900 fast überall in der ganzen Welt gemacht. Vereinzelt gab es aber auch schon früher in den Mühlen mechanische Siebeinrichtungen. Das Brot, das aus diesem Mehl von den Bauern selbst hergestellt wurde, war schmackhaft, von aromatischem Geruch und hielt sich 4 Wochen. In Deutschland wurden meistens vierkantige oder runde Brote gebacken. In Italien und auf dem Balkan ist ein Brot nicht größer wie hier zwei Brötchen und wird' nur nach Gewicht verkauft. Weil dort der Roggen unbekannt ist, besteht das Brot aus halb Mais und halb Weizenmehl. In Frankreich ist ein Brot 1,50 m lang und 10 cm breit und hoch, besteht aus 90 Prozent Weizen und 10 Prozent Gerste. Diese 1,50 m langen Brote kann man nicht in den Schrank legen, sondern sie werden in eine Ecke gestellt wie hier die Regenschirme oder Spazierstöcke. Die Vermahlung ist genau wie bei uns. Diese Völker kennen kein Butterbrot und keine Wurst und Schinken, sondern nur Butter. Bei jedem Essen steht auf dem Tisch noch der biblisch sagenhafte Brotkorb mit gebrochenem Brot und einem Stück Butter, die in einem Glas oder Blechbehälter aufbewahrt wird, wie zu Zeiten Christi vor 2000 Jahren. Die letzten Zeilen werden die Hausfrauen vielleicht interessieren. Dieses Thema ließe sich aber noch unendlich weiterspinnen, das gehört aber nur bedingt zur Sache.


Meiningsen bei Soest, Inhaltsübersicht.

Quelle

  1. Josef Wedding: Meiningsen bei Soest. Siehe Literaturverzeichnis.